Tag 10 Café wie aus tausendundeiner Nacht und Küstenstraße mit Traumpanorama

 

Nach dem Aufstehen machen wir uns auf den Weg weiter am Meer entlang gen Süden. Wir brauchen momentan keinen Chilltag oder sowas, sondern wollen mehr sehen und sind gerade gerne in Bewegung und auf Entdeckungstour. Dass wir jeden Tag spontan gestalten und Vorhaben auch jederzeit ändern können, mag ich wirklich sehr. Das bedeutet Freiheit. 

 

Ich bin so happy darüber, dass wir das Reisen mit dem Wohnmobil als unsere Urlaubsform gefunden haben. Und auch darüber, dass wir zwei uns (meistens) einig sind, worauf wir an dem jeweiligen Tag gerade Lust haben. Und dass heute Morgen der Beziehungshimmel wieder blau ist. 

 

Sant Feliu de Guíxols 

 

Jetzt steht die Kleinstadt Sant Feliu de Guíxols auf dem Plan, genabgenommen das Nou Casino de la Constància, ein leuchtend gelbes Eckhaus mit roten Fenstern an einem großen Platz mit einem Café darin ansehen. Ich habe es auf einem Foto entdeckt und war sofort hin und weg. 

 

 

 

  

Die Zweiundzwanzigtausend-Einwohner-Stadt Sant Felix de Guíxols liegt zwischen den Bergen am Meer, hat einen Strand und Hafen und eine belebte Fußgängerzone mit Geschäften, Bars und Cafés. 

 

  

Nou Casino de la Constància

 

Und da steht es, mein gelbes Märchenschloss aus tausendundeiner Nacht. Ich erkenne es schon vom anderen Ende des großen rechteckigen Platzes am Wasser. Wir gehen langsam darauf zu und ich mache Bilder. 

 

Entlang des Gebäudes sitzen Gäste an kleinen Tischen, trinken etwas und lesen Zeitung, unterhalten sich oder schauen auf den Platz. Oh, was für ein tolles Café!

 

Roadtrip Katalnien

 

Dann gehe ich hinein und zwischen den Tischen herum und bestaune einen glatten schwarzweißen Fußboden, helle einfache Holzmöbel, Säulen und Bögen und rosafarbene Wände mit viel Rot, einen langen Tresen und die Cafébesucher. 

 

 

Jemand hat sein Fahrrad mit reingenommen, wie lustig. In der Mitte des Raumes sitzen ein Dutzend nett wirkende Spanierinnen und Spanier an einem langen Tisch unter der hohen Decke und genießen ihr Essen und ihr Zusammensein, unterhalten sich und lachen und nehmen keine Notiz von mir. Wie schön die Menschen es hier miteinander haben! 

 

Wir sollten uns auch endlich mal wieder in großer Runde in einem Lüneburger Café mit unseren Freunden treffen! Es ist viel zu lange her.  

 

 

In einem kleinen Nebenraum sitzt ein etwas schüchtern wirkender Spanier am Fenster und legt gerade eine Patience. Das karierte Hemd ist ihm hinten aus der Hose gerutscht und er schaut gelegentlich raus auf die Straße und Richtung Meer. 

 

Ich möchte unbedingt vom Innenraum des Casinos ein paar Fotos machen, zögere aber wegen der Leute. Ich will das Schöne hier auf gar keinen Fall stören. Aber wenn ich jetzt noch lange hier stehe und glotze, wird es auch nicht besser. Also mache ich schnell und möglichst unauffällig ein paar Bilder. 

 

Als ich wieder draußen in die Sonne trete, bin sehr sehr froh, dass ich hier sein darf, dass ich im Café war und dass ich ein paar Fotos habe. 

 

 

Küstenstraße GI-682 nach Tossa de Mar

 

Zurück im Wohnmobil fahren wir Richtung Meer. Nach zwei Minuten befinden wir uns an der Abzweigung  zur GI-682, einer der schönsten Küstenstraßen der Welt. Sie führt von Sant Feliu de Guíxols an der Küste entlang nach Tossa de Mar. 

 

Wie aufregend! Die breite Straße windet sich am Meer entlang in Kurven hoch in die Berge. Sie ist gut ausgebaut und es gibt immer wieder großzügige Parkbuchten für Fotostopps. Zu Beginn werden wir von laut knatternden Motorrädern überholt.

 

Später treffen wir bei einem unserer drei Fotostopps noch ein Pärchen, das auch mit einem Motorrad unterwegs ist. Ansonsten sehen wir auf der achtzehn Kilometer langen Strecke keine einzige Menschenseele.

 

Roadtrip Katalonien

 

Man würde nur 35 Minuten brauchen, wenn man nicht anhalten würde. Das wäre aber dumm. 

 

Wir halten dreimal an und genießen diese wundervolle Küstenstraße und die wunderschönen Ausblicke ganz ausgiebig. Es ist still in den Bergen. Wir machen Fotos vom Ausblick. Und dann von uns mit dem Ausblick dahinter. Dann noch vom Wohnmobil vorm Ausblick. Auch von dem Pärchen mit deren Handy zusammen mit dem Ausblick. Na ja. Und so weiter. Wie das an solch schönen Orten eben so ist.

 

 

Aus allen Perspektiven werden die Bilder wie aus einem Reisprospekt. Deswegen machen die Fotostopps natürlich auch mordsviel Spaß. 

 

Roadtrip Katalonien

 

Am Ende der kleinen Reiseprospekt-Strecke landen wir in Tossa de Mar und eine Viertelstunde später auch schon am Ortseingang von Lloret de Mar.

 

Wir wollen uns nicht von Vorurteilen ausbremsen lassen und geben der Partymeile Lloret de Mar eine Chance. Wir setzen darauf, dass er in der Nebensaison ganz anders sein soll und ich bin auch ein bisschen neugierig, was es mit diesem Lloret de Mar so auf sich hat. 

 

Roadtrip Katalonien

 

 Lloret de Mar 

 

Irgendwie landen wir automatisch auf einer breiten und vielbefahrenen Straße am Wasser. Zwischen Straße und Wasser ist ein ebenfalls breiter langer schnurgerade verlaufender Fußweg, auf dem Menschen flanieren.

 

Wohin gehen die? Hier ist irgendwie nichts Schönes. Ich verstehe das nicht. Oder gehen die hier spazieren? Echt jetzt?  

 

Roadtrip Katalonien

 

Wir konzentrieren uns jetzt erstmal darauf, einen Campingplatz am östlichen Rand von Lloret de Mar zu finden, aber unser Navi navigiert uns zweimal zu Straßensperren und wir irren zwischen Hochhäusern herum.

 

Tatti flucht und fragt "Muss das hier sein?" "Ne", antworte ich " lass uns wieder abhauen", worauf Tatti erleichtert ausatmet. Ein bisschen schade ist es schon, dass ich die Jardins de Santa Clotilde, einen weiteren sehenswerten Garten am Meer, nun wohl niemals im Leben zu Gesicht bekommen werde. 

 

 

Wir fahren weiter an der Küste entlang. Auch Blanes lassen wir links liegen. Auch ein bisschen schade, denn dort ist ebenfalls ein toller Park, der Jardí Botànic Marimurtra. Aber wir streichen manchmal Dinge rigoros, wenn uns der Aufwand dafür nervt. Und Lloret de Mar hat genervt. Und Blanes liegt daneben und nervt uns allein schon deswegen. Wir sind manchmal ein bisschen komisch. 

 

Ich schaue mir die Küste auf der Landkarte an und sehe, dass unser nächstes Fähnchen auf Barcelona steckt. Wenn wir Großstädte ansteuern wollen, sind wir immer ein bisschen zögerlich und haben meistens Fluchttendenzen und überlegen es uns im letzten Moment anders. Großstädte mit dem Wohnmobil zu besuchen, erfordert viel zusätzliche Planung. Wo pennen wir? Wie kommen wir in die Stadt? Steht das Wohnmobil sicher? Für uns geht Ruhe und Entspannung nämlich eigentlich über alles.

 

Aber das alles gilt nicht für Barcelona. Weil es viel zu schön dafür ist, es zu verschmähen. Ich hatte mich vor ein paar Wochen schon bei den Leuten vom Campingplatz Barcelona in Mataró per Mail erkundigt, ob erstens der Campingplatz noch geöffnet ist, zweitens der Shuttlebus nach Barcelona noch fährt und drittens Hunde im Bus erlaubt sind. Dreimal ja!

 

 

Campingplatz Barcelona in Mataró

 

Also steuern wir jetzt den für Barcelona-Besuche super geeigneten Campingplatz Barcelona in Mataró an. Beim Einchecken treffe ich auf mehrere Mitarbeiter, die alle mehrere Sprachen sprechen. Sehr hilfreich. Aber nur, wenn man selber in mindestens einer Sprache normal denken kann, woran es heute bei mir offensichtlich scheitert. Ich checke ein und buche gleich den Shuttle für morgen und auch zwei Tickets für den Hop-On-Hop-Off-Bus und lasse mir ganz viele Sachen erklären. 

 

Erst sagt er, dass Hannes im Hop-on-Hop-Off-Bus in Barcelona in eine Tasche muss. Oh Mist, wie machen wir das denn jetzt? Aber ok, überlegen wir nachher. 

 

Dann erläutert der nette Mitarbeiter hinter dem Tresen mir die Abfahrtsorte und -zeiten und die Bezahlungen der beiden Busse. Aber leider stehe ich weiterhin verlässlich auf der Leitung. Dadurch bringe ich den hübschen jungen deutsch sprechenden Spanier im rosafarbenen Poloshirt an seine Grenzen. Ich frage viermal das Gleiche und er strengt sich ganz doll an, nicht seine Augen zu verdrehen. Das sehe ich genau. Schließlich muss ich mehrfach mit meiner Karte bezahlen und mache das einfach, obwohl ich nicht mehr verstehe, was was ist. No risc, no fun.

 

 

Wir bekommen einen Platz auf Gras in der Nähe des Pools zugewiesen und können das Meer ein bisschen sehen. Ich sage Tatti, sie muss vorwärts ganz weit rechts einparken. Als das Wohnmobil steht, ist unsere Schiebetür auf der falschen Seite, direkt vorm Campingtisch eines holländischen Paares. 

 

Was ist mit meinem Gehirn heute nicht in Ordnung? Seit wievielen Jahren fahren wir Wohnmobil und war die Schiebetür je auf der Fahrerseite? Nein, natürlich nicht! Ich stehe vor der Motorhaube. Tatti sitzt am Steuer. Und die Holländer haben unser monströses Auto vor der Stirn und sehen mich verständnislos an. Ich reiße die Augen auf und entschuldige mich tausendmal. Die denken bestimmt, wir haben uns zum ersten Mal ein Wohnmobil gemietet. 

 

 

Wenn wir so stehenbleiben würden, müssten wir über den holländischen Tisch steigen, um ins Wohnmobil zu kommen. Also  fährt Tatti wieder raus, rangiert hin und her und hin und her und parkt schließlich rückwärts ein. 

 

Ich entschuldige mich peinlich berührt nochmal beim holländischen Paar für das unnötige Rangieren. Sie lachen nur nett und sagen großzügig, dass das doch nicht schlimm sei. Sowas sei ihnen am Anfang auch passiert. "Äh, ne, wir ...." Um es nicht noch peinlicher zu machen, sage ich lieber nichts mehr und lächle sie nur freundlich an.

 

 

Wir essen ein paar Schnitten und trinken Kaffee und vertreten uns dann die Beine auf dem Campingplatz. Ich unterhalte mich ein Weilchen mit einer Camperin, deren Wohnmobil ich erst für einen Kiosk gehalten habe. Das passiere häufiger, erzählt sie mir, aber das störe sie nicht. Auf jeden Fall sieht der umgebaute LKW echt interessant aus!

 

Abends probiert Tatti, unsere hyperaktive Fellnase Hannes in einen kleinen Rucksack zu stecken und ich koche und schaue mir dabei immer abwechselnd Barcelonas Stadtplan mit den Busrouten an, nehme einen Schluck Wein und schaue zum Meer und dann nochmal dasselbe von vorne und immer wieder...

 

 

Zwischendurch streue ich versehentlich Zucker anstatt Salz in die Kiecherbsenpfanne, ist nämlich in dem gleichen eckigen Behälter.

 

Huch, uups! Ach, zu spät. Aber das ist jetzt auch egal. Passt zum Tag. Tatti sagt beim Essen später nur ganz lieb, dass das nicht ihr Lieblingsgericht wird. Hihi. Und Hannes guckt so, als wenn der Rucksack auch nicht sein Lieblingsort wird. 

 

 

Abends kann ich gar nicht einschlafen, denn ich bin so aufgeregt, weil ich schon so viel von Barcelona gehört habe und supergespannt bin auf die bunte Stadt! 

 

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