Strand Platja del Grau
An Tag neun werde ich nach einer ruhigen und erholsamen Nacht wach und ziehe mich gleich an. Ich will mit meinem Kaffee schnell raus auf den Strand!
Ich setze mich auf eine gelbe Boje und genieße den Morgen und meinen Kaffee ganz alleine am Strand. Ich schaue den Wellen und der aufgehenden Sonne zu. Die Sonne lässt das Wasser und den Himmel golden schimmern. Das sieht schön aus. Ich grinse und sage mir, dass ich schon immer mal auf einer gelben Boje meinen Morgenkaffee trinken wollte.
Mein Morgen am Naturstand hier kommt mir vor wie ein anderes Leben, obwohl ich vor zehn Tagen noch an meinem Schreibtisch saß. Ich bin schon jetzt so angenehm entspannt und zufrieden als würde der Arbeitsalltag Monate zurück liegen.
Wir brechen bald nach dem Frühstück auf. Wir sind voller Tatendrang und neugierig darauf, wie die Reise weitergeht. Den nächsten Ort haben wir vorher zuhause in einer Fernsehdoku gesehen.
Bezaubernder Küstenort Calella de Palafrugell
Im Fernsehdoku-Ort Calella de Palafrugell können wir auf dem Seitenstreifen der Durchgangsstraße, die oberhalb des Ortes verläuft, parken. Wir müssen nur fünf Minuten den Berg hinunter gehen und stehen an einem kleinen Strand, auf dem Boote liegen. Dazwischen stehen ein paar ältere Leute in Badekleidung, die sich hier morgens scheinbar zum Schwimmen verabredet haben. Coole Truppe. Schöne Routine im Rentenalter!
Vor uns liegt das Meer, links von uns ist ein Arkadengang am Wasser entlang zum nächsten großen Strand und rechts führt auch ein Weg am Wasser entlang, der aufsteigt zu einem Aussichtspunkt. Die Stimmung hier unten am Wasser ist so schön ruhig und nett.
Beliebte Orte in der Nebensaison zu besuchen, ist wirklich Gold wert. Es ist leer und dadurch natürlich noch viel schöner. Das macht einen großen Unterschied. Nur wenige Tische der Restaurantterasse sind belegt.
Wir gehen erst rechts am Wasser entlang den Hügel hoch zum Aussichtspunkt und können von dort hinunter auf einen weiteren schönen Strand hinter den Felsen schauen.
Die weißen Häuser mit ihren blauen Fenstern und roten Dächern am Hang sehen zusammen mit dem Blau des Meeres von hier aus wie ein Gemälde. Und der Weg am Wasser entlang macht Spaß!
Als wir zurück unten bei dem kleinen Strand mit Booten sind, gehen wir auch noch in die andere Richtung und entdecken hinter den Häusern einen großen Badestrand. Wir lassen uns viel Zeit, beobachten Arbeiter, die einen Plattenweg vom Strand einsammeln und die Teile stapeln, um sie ins Winterlager zu bringen.
Wir gehen durch den Ort zurück und schauen in die Schaufenster der kleinen Geschäfte mit Wohnaccessoires oder Kleidung. In den Fenstern liegen anstatt Kitsch viele aparte Dinge Und auch die Schaufenster sind ansprechend gestaltet. Und wir sind tiefenentspannt unterwegs. Herrlich!
Garten Cap Roig
Irgendwann gehen wir zurück zum Auto und fahren ein kleines Stück weiter und einen Hügel hoch zu mediterranen Traumgärten in Premiumlage auf einer Landzunge, den Jardine de Cap Roig.
Die Gärten wurden mal von einer englischen Adligen und einem russischen Oberst angelegt. Soso.
Wir schlendern durch alle Bereiche, staunen und genießen. Es ist offensichtlich, dass in der Gestaltung viel Hingabe steckt.
Ich muss dabei über das Paar, auf dessen Grund wir hier gerade lustwandeln, nachdenken. Wieso haben sie so etwas Arbeitsintensives geschaffen?
Entweder die zwei hatten sich nicht viel zu sagen und sich mit ihrer Gartenliebe davon abgelenkt oder aber sie haben sich so sehr geliebt und ihrer Liebe durch die Erschaffung eines kleinen Paradieses Ausdruck verliehen.
Ich entscheide mich für Variante B und bin gleich noch mehr entrückt von jedem Pflänzchen, Plätzchen, Wegelchen und Ausblick.
Es gibt zahlreiche Wege und Treppen und verschiedene Gärten, zum Beispiel einen Garten der Verliebten, einen Palmengarten und einen beeindruckenden Kakteengarten.
Allein schon wie groß Kakteen werden können, fasziniert mich doch sehr!
Ich nehme mir vor, wenn ich zuhause bin, ein ernstes Wörtchen mit meinem kleinen Kaktus auf der Küchenfensterbank zu reden.
Und immer wieder sieht man das Meer als Kulisse hinter den Blumen, Kakteen und Palmen und jede Pflanze ist sorgfältig beschriftet.
Autocaravaning Palamós
Ach, war das schön! Morgen werden wir uns weiter an der Küste entlang treiben lassen, müssen jetzt aber erstmal einen Schlafplatz suchen und brauchen eine Waschmaschine. Beim Wohnmobilstellplatz Palamós sitzt ein hagerer deutscher Camper mit freiem Oberkörper neben der Tür zur Rezeption. Er hat ein Buch auf seinem Schoss und sagt ohne hochzusehen und ohne dass ich ihn gefragt habe "Is voll." Na toll! Schönen Dank auch.
Ich habe Hunger und bin nicht gerade in meinem freundlichsten Modus, und gucke grimmig auf seinen Scheitel. Wieso sitzt der da und guckt, wer hier auf das Gelände kommt? Und wieso kann der nicht einfach erstmal nett fragen, ob er helfen kann? Ich fahre ihn an, dass ich reserviert habe, was gar nicht stimmt. Er guckt hoch und ich gucke so arrogant wie ich nur kann von oben auf seinen faltigen Bauch hinunter.
Wir finden nur noch Platz auf einem tief liegenden staubigen Sandplatz nah an der vielbefahrenen Straße. Wir kochen Kaffee und verschlingen im Stehen unsere Gebäckstücke. Ich stehe in der offen Schiebetür und Tatti steht mit Hannes draußen. Wir haben beide richtig miese Laune gerade. Während ich noch kaue, kommt eine Frau und will uns zwanzig Euro abknöpfen. Och nö, denke ich, und wir sind uns einig, dass der hässliche Parkplatz das auf keinen Fall wert ist. Wir verabschieden uns freundlich und starten doch nochmal durch.
Im Kreisel vor dem Tor kommen unsere Gemüter in Wallung und Tatti muss einige Male im Kreis fahren, während ich mich in Lichtgeschwindigkeit durch meine Apps wische und schließlich einen Wohnmobilstellplatz am Ortsrand von Palamós finde. "Nimm die Ausfahrt da vorne", sage ich und weise Tatti den Weg zu unserem heutigen Zuhause.
Wohnmobilstellplatz Empord Area per autocaravanas
Sieben Minuten später fahren wir auf das umzäunte Gelände des Stellplatzes Empord Area per autocaravanas für vierzig Mobile. Er ist schon sehr voll, aber wir sehen noch ein paar Lücken. Puh. Wieder Glück gehabt!
Ich melde uns in einem kleinen Büro beim Tor an und wir gehen erstmal über den Platz und entdecken auch gleich noch zwei Waschmaschinen beim Ver- und Entsorgungsplatz.
Während unsere Open Air-Wäschmaschine wäscht, beginne ich zu kochen. Die Wäsche hängen wir später zum Austropfen draußen neben dem Wohnmobil auf und holen sie dann aber auch schon bald rein, denn draußen wird es schnell feucht.
Wir verteilen also alles an sämtlichen Ritzen, Haken und Klappen im Wohnmobil. This is Camping. I love it. Was ich nicht so liebe, ist das nun folgende - nun ja- ich will es mal Wortgefecht nennen.
Ich weiß nicht, weshalb, aber in jedem Urlaub kommt er irgendwann, dieser Tag x, an dem wir uns so sehr streiten, dass einer von uns beiden nach Hause will. Das ist ein Phänomen. Er entsteht aus Nichtigkeiten, dieses Mal, weil Hannes draußen ein paar Mal kläfft, während ich drinnen am Kochen bin und Tatti meiner Meinung nach nicht schnell genug darauf reagiert.
Ein Wort gibt das andere und wir zischen schließlich laute Vorwürfe hin und her durch die Schiebetür, die die Nachbarn eigentlich nichts angehen. Und die schon gar nichts mehr mit Hannes Kläffen zu tun haben. Dann wird mir das zu doof und ich stapfe raus, gehe um das Wohnmobil herum, gucke Tatti nicht an und entferne mich vom Gelände. Ich gehe um den Block und schaue mir Wohnhäuser mit Pools im Garten an.
Als wir uns in Schweden gestritten haben, standen wir mit dem Wohnmobil mal eine halbe Sunde lang hinter einem Busch an einer Landstraße nördlich von Göteborg und Tatti hat nach Flügen aus Stockholm gen Heimat gegoogelt. In Südtirol stand ich mal zwanzig Minuten auf einem Bürgersteig mit dem Rücken zum Wohnmobil und habe überlegt, welche Sachen ich einpacken muss, wenn ich gleich zum Bahnhof gehe.
Glücklicherweise kühle ich mich dieses Mal nach drei Straßen ab, gehe zurück und husche ins Wohnmobil. Gut, dass es inzwischen dunkel ist, damit mich die Nachbarn nicht sehen. Das Essen ist auch gerade fertig und wir können uns bei einer leckeren Humus-Bowl und einem Glas Wein wieder relativ neutral in die Augen sehen.
Im Herbst ist es zwar tagsüber hier in Katalonien oftmals noch ganz schön sonnig, aber abends wird es früh dunkel und auch frisch draußen. Da machen fast alle Camper es sich in ihren Mobilen gemütlich.
Bei meiner abendlichen Fototour auf dem Platz fällt mir auf, dass in mindestens achtzig Prozent der Wohnmobile der Fernseher läuft.
Ich gebe zu, bei uns jetzt auch. Füße hoch wie zu Hause. Naschi auf dem Tisch. Guten Krimi anmachen. Perfekter Tagesabschluss. Voll gemütlich...