Tag 3 Hochland Zagorje, Burg Veliki Tabor und Dorf Kumrovec

 

Gassirunde auf dem Murradweg 

 

Morgens um sechs lockt der Stadtplan von Zagreb mich aus dem Bett.

 

Ich markiere alles, was uns gefallen könnte, auch Street Art-Orte und überlege mir einen Schlenker, um auf dem Weg von der Grenze bis nach Zagreb noch eine hübsche kleine Burg mit einer tragischen Liebesgeschichte und das Wohnhaus Titos besuchen zu können.

 

 

Zufrieden mit meinen Plänen schnappe ich mir gegen sieben die Leine und Hannes und erkunde mit ihm die Gegend um den Platz.

 

Wir stapfen ein kleines Stück auf dem Murrradweg durch Unterschwarza. Er gilt als einer der schönsten Radwege im Alpenraum, beginnt im Salzburger Land und schlängelt sich vierhundert Kilometer an der Murr entlang. Heute ist aber alles nass und grau und renovierungsbedürftig und nicht gerade das schönste Fleckchen Erde, das ich mir vorstellen kann.

 

 

Es ist keine Menschenseele auf der Straße. Die Wohnhäuser sind teilweise verfallen und stehen zaunlos auf gemähtem Gras. Dahinter erstrecken sich Wiesen und Wälder. Man könnte hier auch die Grenzregion zu Slowenien erwandern. Will ich aber nicht. Der Hunger treibt mich zurück. 

 

 

Abfahrt

 

Meine aufbackbaren Brötchen zaubern sich im Omina witzigerweise ganz von selbst zu einem Partykranz und als wir abfahrbereit sind, ist der Platz schon leergefegt. Scheinbar wollen die meisten Camper heute noch eine weite Strecke fahren.

 

 

Ich kann mich bei Tatti und Susi mit meinem Schlenker zur tragischen Burg auf dem Weg nach Zagreb durchsetzen. Tatti steckt vierzig Euro für die Übernachtung mit zwei Fahrzeugen in einen Umschlag und in einen Briefkasten bei den Duschen. Ich finde, für das Geld sollten sie hübschere Sanitärräume haben.

 

Außerdem gibt es auch Gaststätten, die ihre Gäste gratis übernachten lassen. Oliver kann es sich offensichtlich erlauben. Der Stellplatz "Oliver kocht" ist bei den Linern, also den langen Wohnmobilen, die teilweise mit Anhänger und Auto darauf unterwegs sind, sehr beliebt. Tatti lässt Abwasser ab und unsere Reise geht weiter. 

 

 

Nach sieben Minuten Fahrtzeit passieren wir schon den bunt verzierten Grenzübergang Spielfeld/Šentilj von Österreich nach Slowenien und eine halbe Stunde später sind wir auch schon wieder raus aus Slowenien und im Norden Kroatiens angekommen.

 

Roadtrip Kroatien und Mostar

 

Wir hatten uns vorher für sechzehn Euro E-Vignetten jeweils für die Hin- und für die Rückreise durch Slowenien gekauft gekauft. Wir kommen quasi durch den Nebeneingang und nicht wie sonst durch den Karawankentunnel, dem eigentlichen "Tor zum Balkan".  

 

 

Ich schaue mir interessiert die Landschaft an und die Namen auf den Schildern. Ach, da stehen ja schon die Plitvicer Seen. Wuhuu, reisen ist so aufregend! 

 

 

Kroatisches Hochland Hravatsko Zagorje

 

In Kroatien verlassen wir die Autobahn recht bald bei Durmanec und durchstreifen das saftig grüne kroatische Hochland Hravatsko Zagorje bei Pregrada. Die Gegend ist wunderschön und lädt zum Bleiben und Wandern ein. Machen wir aber jetzt nicht. Die in die Hügel gebauten kleinen Häuser mit ihren kleinen Ackerflächen wirken auf mich wie aus der Zeit gefallen. 

 

Diese unberührte grüne Hügellandschaft ist ein kleines unerwartetes Juwel auf unserem Roadtrip. Trotz Regen bezaubernd.  Wie gut, dass es sich noch nicht rumgesprochen hat. Dadurch kann es noch so unbekümmert daliegen. 

 

 

Bei vielen Bewohnern hier bestimmen sicherlich die Acker, der Wein, die Nutztiere, das Wetter und die Erträge den Tag. Es scheint einige von ihnen auch nicht sonderlich zu stören, in einem Häuschen zu wohnen, das für uns als Rohbau gelten würde.

 

 

Ich stelle mir das Leben in den kleinen Häuschen, die zerstreut in den Hügeln oder auch in Reih und Glied auf den Bergkämmen stehen, einfach und von körperlicher Arbeit geprägt, aber irgendwie glücklich, vor. 

 

  

Die Böden sind fruchtbar, das Klima ideal und die Ernten scheinbar reichhaltig.

 

Und der Ausblick und die herrliche Luft sind, finde ich, ein echtes Geschenk, wenn man hier wohnt. 

 

 

Ich kann mich auf jeden Fall auf unserer Fahrt zur Burg Veliki Tabor nicht sattsehen an all den Hügeln, Höfen und Weinfeldern. 

 

 

Burg Veliki Tabor in Hum 

 

Dann taucht die weiße Burg Veliki Tabor auf einem Hügel vor uns auf. Bei Google Maps sieht es danach aus, dass der Parkplatz vor der Burg groß genug für unsere beiden Fahrzeuge ist. Also trauen wir uns auf die schmale Straße nach oben.

 

Susi vertraut uns und juckelt hinterher in ihrem weißen Bulli. Wir parken bequem auf einem Kiesplatz vor der Burg.

 

 

Im kleinen Kassenraum erfahren wir, dass Hannes nicht mit rein darf. Es ist bewölkt und er kann es sich solange im Wohnmobil gemütlich machen.

 

Als Tatti aber ohne Hund zurückkommt, fragt die junge Frau an der Kasse recht forsch, wo wir den Hund gelassen haben. Etwa im Auto?

 

Ich muss mich ganz schön anstrengen, ihr auf Englisch zu erklären, dass unser Auto groß ist und er dort seinen Platz hat und etwas zu trinken und rumlaufen kann, dass es quasi unser Zuhause ist. Sie guckt immer noch schnippisch. Dass er ein Leckerli bekommen hat, ergänze ich, und dass oben die Frischluftklappen offen stehen.

 

Gar nicht so leicht, das Burgfräulein soweit zu bringen, dass sie sich zufrieden gibt und Tickets rausrückt. 

 

 

Die Burg mit ihrem Innenhof und Rundtürmen, Arkadengängen und roten Dächern ist an sich schon sehr hübsch. 

 

Dazu kommen fantastische Ausblicke in die umliegenden Täler.

 

 

Die Burg stand lange leer, wurde geplündert und vernachlässigt. In den 1980ern wurde sie restauriert und nun ist sie offen für Besucher. Wir laufen überall herum, auch oben.

 

Das Beste an der Burg ist aber die Geschichte von Veronika und Fredrich und ihrer großen Liebe mit tragischem Ende.  

 

 

Veronika und Fredrich

 

Da unten in den schönen Tälern soll Fredrich, Sohn des Schlossherren, im vierzehnten Jahrhundert bei einem Ausritt die wunderschöne Veronika getroffen und sich in sie verliebt haben. Und zwar so sehr, dass er seine Frau Elisabeth habe töten müssen, weil Scheidung scheinbar keine Option war. Das aber soll Fredrichs Vater gar nicht witzig gefunden haben, weshalb er seinen Sohn habe verhaften lassen und die schöne Veronika getötet haben soll. Ihre Leiche habe er, so heißt es, kurzerhand in die Burgmauern stecken lassen. 1982 hat man - jetzt kommt's - bei der Restaurierung tatsächlich einen Schädel in den Burgmauern entdeckt. 

 

Die schöne Veronika, bzw. was noch übrig ist, knipst Susi netterweise für mich, weil mein Handyakku mal wieder leer ist. Ich freue mich sehr, dass ich Veronika an diesem Ort ihrer großen Liebe sechshundert Jahre später aufmunternd zunicken kann und wünsche mir für alle leidenschaftlichen Lieben dieser Welt, dass sie ein schöneres Ende finden mögen. Äh ne. Am Besten gar kein Ende. Ja, genau. Das wäre schön. Wenn es immer so weitergehen würde. Na ja, und für Elisabeth hoffe ich, dass sie in ihrem nächsten Leben mehr Glück hatte. Dass sie zum Beispiel als selbstbewusstes Kassenmädchen Veronikas Schädel bewachen darf. Oder so.  

 

 

Ich finde Tatti und Susi kichernd in der Folterkammer und wir gehen zusammen runter zu Hannes, wo wir uns frischen Kaffee kochen und zwischen den Wohnmobilen auf dem Parkplatz den Partykranz mit Avocado belegt vertilgen.

 

Ein Fußhocker ist unser Tisch und ich fühle mich in solchen Momenten so unendlich frei. Kassenmädchen Elisabeth streunt für eine letzte Tierschutz-Kontrolle nochmal über den Parkplatz, luschert durch die Schiebetür und nickt uns freundlich zu, bevor wir durchstarten zum nächsten Spot. 

 

 

Ethnodorf Kumrovec und Titos Geburtshaus

 

Wir fahren an der slowenischen Grenze entlang gen Süden und sind nach einundzwanzig Minuten im kleinen Dorf Kumrovec, in dem das Geburtshaus von Josip Broz Tito - langjähriger Staatschef Jugoslawiens und verehrter Volksheld - steht.

 

Er war Sohn einer einfachen Bauernfamilie und es ist gut, hier zu sein, finde ich. Wir sind schließlich Besucher Kroatiens und wollen unsere Gastgeber auch kennenlernen und nicht nur die Landschaft auf uns wirken lassen. 

 

 

In strömendem Regen schlüpfen wir in das kleine weiße Haus.

 

Wir sind die einzigen Besucher, hinterlassen kleine Wasserlachen auf dem Boden und sehen uns die Einrichtung, alte Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden und eine Büste von Tito an.

 

 

Kann man sich gar nicht vorstellen, dass ein Kind, das hier aufwächst, später einen so großen Einfluss auf die Unabhängigkeit Jugoslawiens im Weltgeschehen haben würde.

 

 

Im Gästebuch stehen lange Texte und im Garten eine riesiges Denkmal von Tito mit Blumenkränzen davor.

 

Irgendwie will mich der Ort nicht so recht erfassen. Meine Gedanken hängen offensichtlich noch bei Veronika und Elisabeth fest. Und dabei, wie wir unsere Klamotten nachher wieder trocken kriegen sollen. 

 

 

Es regnet so sehr, dass wir eigentlich zurück zum Parkplatz und ins Trockene wollen, aber entscheiden uns dann doch, eine Runde durch das Dorf zu drehen. 

 

Bei einem der Häuser stehen die Türen offen und es sieht nach einem Ausstellungsraum aus. Ich gehe hinein und finde eine bäuerliche Schlafstube aus dem neunzehnten Jahrhundert vor.

 

Roadtrip Kroatien und Mostar

 

Eine lebensgroße Brautfigur sitzt vor einem Bett und wartet auf den Bräutigam und uns schwant langsam, dass wir uns in einem Freilichtmuseum befinden könnten.

 

Und da entdecken wir auch schon den nächsten Raum, eine geschmückte Hochzeitsstube. Ach, wie schön so eine Hochzeit im kleinen Kreis in der Bauernstube gewesen sein muss mit all den leckeren Dingen und Weinkrügen und der langen Tafel und den bunten Girlanden und Musikern! So ein hübsches kleines Folklore-Lokal mit Hochzeitsstube würde bei uns bestimmt auch laufen.  

 

 

Und dann erkunden wir das ganze Freilichtmuseum, das - so recherchiere ich später -  Etno Selo Kumrovec heißt.

 

 

Das Museum umfasst etwa dreißig liebevoll restaurierte Häuser, Bauernhöfe und Nebengebäude. Wir schlendern durch das alte Dorf und schauen uns die in den Häusern die dargestellten Szenen der damaligen Lebensweisen an.

 

 

Ich finde das sehr spannend und versuche so etwas wie die Mentalität der Menschen in dieser Region zu erfassen. 

 

Ich nehme die gleiche Gasfreundschaft, Freundlichkeit und Fröhlichkeit wahr, die wir auch auf unseren Reisen entlang der kroatischen Küste kennengelernt haben.

 

 

Verglichen mit einem Freilichtmuseum bei uns in Norddeutschland ging es hier damals auf jeden Fall bunter und fröhlicher zu.

 

Da kann man mal sehen, was Sonne ausmacht. Apropos Sonne. Wenn das mit dem Regen so weitergeht, wird es langsam echt anstrengend, trotzdem gut drauf zu sein. 

 

 

Im kleinen Shop beim Eingang ergattere ich ein Magnet in Lebkuchenherzform und dann geht es zurück zum Parkplatz.

 

Roadtrip Kroatien und Mostar

 

Camp Zagreb

 

Nach Zagreb gönnen wir uns ein Stück Autobahn. Susi ist ja alleine im Auto und das ist bei den Mautstellen ganz schön spannend, wenn man das nicht so kennt.

 

Als wir an die Mautstelle heranfahren, schreibe ich ihr eine Nachricht, dass sie nur ein Ticket ziehen muss und bekomme ein Daumen-hoch Symbol zurück. Später an der Zahlstelle steht sie wieder hinter uns und ich schreibe ihr den genauen Betrag. 

  

Nach nicht mal einer Stunde Fahrzeit fahren wir auf das Gelände des Campingplatzes Camp Zagreb am Stadtrand von Zagreb. 

 

Beim Check-In bekommen wir Infos, wie wir morgen nach Zagreb kommen, den WLAN-Pin, den Pin für die Pforte und die Empfehlung, am See Pizza essen zu gehen.

 

 

Der Mitarbeiter geht mit uns zu unseren zwei nebeneinander liegenden Plätzen im inneren Kreis des Campingplatzes.

 

Roadtrip Kroatien und Mostar

 

Tatti verbindet uns mit Strom und ich hole unsere kleine Kapselmaschine raus. Das Doofe an Campingplätzen im Gegensatz zu Wohnmobilstellplätzen ist, dass man umständlich einchecken muss. 

 

Der Vorteil ist aber der Landstrom für leckeren Kaffee, für den Föhn und zum Aufladen der Fahrradakkus und eine größere Dusche als bei uns im Wohnmobil. 

 

 

Unser Wohnmobil ist schnell wohnlich hergerichtet und die Jacken hängen zum Trocknen in der Dusche.

 

Wir machen einen großen Spaziergang am See. Es geht durch den Wald und ich finde die Umgebung des Campingplatzes nicht so sehenswert, aber der Außenbereich des Restaurants ist toll gemacht mit Liegestühlen am Seeufer.

 

 

Susi freut sich über so einen schwimmenden schmuddeligen Ponton (Steg) und wir posen nacheinander darauf und fotografieren uns gegenseitig.

 

Susi ist superhappy über dunkle Bilder mit Ponton im Industrial Style. 

 

 

Es hat aufgehört zu regnen und abends lassen wir uns im Restaurant Rakitje Jezero am Platz mit Blick auf den See nieder.

 

Ich entscheide mich genauso wie die anderen beiden für knusprige Holzofenpizza, auf der dicke Sauerrahmkleckse sind und die sehr lecker schmeckt.

 

 

Auch bestellen Susi und ich jeweils verschiedene Geschmacksrichtungen einer süßen Limonade namens Pipi, denn wir wollen die kitschig-bunten Flaschen haben. Warum, kann ich mir auch nicht erklären.

 

Das Essen ist sehr lecker und das Restaurant ist gut besucht. 

 

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