Die Nacht ist sehr ruhig. Morgens zwitschern die Vögel, der Himmel ist grau und das Wasser des Flusses unterhalb unseres Wohnmobilstellplatzes sieht heute Morgen milchig grün aus.
Auf jeden Fall nicht smaragdgrün. Es ist aber trotzdem idyllisches Wachwerden.
Was machen wir bei Regen?
Wir brechen auf und reisen weiter gen Süden. Nach der Regendusche auf dem kleinen Rundgang gestern schwant uns nun zumindest immer mehr, dass wir die Plitvicer Seen momentan gar nicht mehr in Erwägung ziehen sollten.
Als wir an einem der Eingänge vorbeifahren, sehen wir eine Menschentraube mit Regenschirmen, alles ist Grau in Grau, und später lesen wir, dass einige Bereiche des Nationalparks überschwemmt und sogar gesperrt sind. Okay, die Plitvicer Seen sind also vielleicht auf der Heimreise oder in einem anderen Jahr erst dran.
Dafür eignen sich Regentage aber wunderbar zum Kilometermachen, damit man keine Sonnenstunden auf der Autobahn vergeuden muss. Und deswegen beschließen wir, dass wir Dalmatien von unten nach oben aufrollen werden. Meine Reisepläne können wir ohnehin schon vergessen. Macht aber nichts.
Die Schönheit des Velebit-Gebirges versteckt sich im Dunst
Auf dem Weg nach Dubrovnik, unserem südlichsten Ziel, werden wir vorher noch die Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina einbauen.
Der kürzeste Weg dorthin führt uns durch das Velebit-Gebirge Richtung Zadar. Es ist dort leider so diesig und es schüttet wie aus Eimern, dass ich neben Tatti auf der Autobahn fast durchdrehe, weil ich weiß, wie wunderschön die Berge hinter dem Dunst aussehen und weil Susi das jetzt nicht sehen kann!
Hinter dem Sveti Roc-Tunnel ist ein Rastplatz mit bombastischem Weitblick. Den können wir auch knicken. Er ist auch sowieso gesperrt.
Ich schicke Susi Fotos von der Gegend im Sonnenschein. Menno! Als wir über die Novi Maslenički-Brücke kurz vor Zadar fahren, blitzt einmal kurz die Adria rechts neben uns blau auf und mein Herz springt.
Nach etwa 200 Kilometern auf der kroatischen A1, die parallel zur Küste verläuft, wird das Wetter langsam etwas besser.
Unterwegs schreibe ich Susi an den Mautstellen weiterhin kurze Nachrichten, was zu tun ist, Ticket ziehen oder welcher Betrag gezahlt werden muss. Ich mache das einfach, weil ich das auch gerne so hätte, wenn ich alleine hinterher juckeln würde.
Durch das Neretva-Delta nach Bosnien Herzegowina
Im saftig grünen Nevretna-Delta, das ich im letzten Kroatien-Urlaub schon superschön fand, mache ich während der Fahrt ein paar Fotos. Im letzten Jahr war das Licht aber tausendmal schöner, daher halten wir auch gar nicht an für Fotos.
Wir biegen noch vor dem Korridor von Neum links ab und stehen auch schon an der Grenze zu Bosnien Herzegowina. Hier ist nichts los. Nur der Grenzbeamte in seinem Häuschen, Tati und ich und Susi sind hie rin der Einsamkeit.
Schönes und gebeuteltes Bosnien Herzegowina
Der Grenzbeamte guckt streng, betrachtet unsere Ausweise in aller Ruhe und fordert uns nach einer Weile auf Englisch auf anzugeben, wohin wir wollen, wie lange wir dort bleiben und was wir dort tun wollen. "Mostar", antworte ich, "Camping Neretva. Three days. We will visit Mostar." Ich sage ihm, dass Susi zu uns gehört und das Gleiche vorhat. Wir bekommen einen Getränkegutschein für ein Restaurant an der Brücke in Mostar und dürfen weiterfahren. Ich frage mich, ob ihm das gerade Spaß gemacht hat, so mit uns zu reden. Später wird Susi mir erzählen, dass er ihr die gleichen Fragen gestellt hat. Merkwürdiger Typ!
Wir zahlen zwar Autobahngebühren, die A1 endet jedoch nach zwölf Kilometern, woraufhin unser TomTom uns in eine Richtung, die uns völlig falsch erscheint, schicken will.
Ich beiße in den sauren Apfel und aktiviere mein Internet wieder (sollte man im Nicht-EU-Land nicht tun), was mich am Ende dann auch fünfzig Euro kostet, und navigiere uns über Čapljina und am Ufer der Neretva nach Mostar.
Wir sehen kyrillische Schrift auf den Hinweisschildern, Einschusslöcher in den Hochhäusern und ganz viel Wald und Natur entlang unserer Strecke. Alles fühlt sich sehr fremd an.
Kanada-Idylle auf dem Camping Neretva am Stadtrand von Mostar
Die Suche nach dem Camping Neretva führt uns zunächst auf einen Irrweg durch ein verkommenes und verlassenes Industriegebiet. Müllberge liegen am Straßenrand, in denen ein streunender Hund nach Essen sucht. Ich fühle mich hier nicht gerade sicher in der verlassenen Gegend. Schließlich finden wir zurück zur Hauptstraße in eine belebtere Gegend und fragen bei einer Tankstelle nach dem Weg und als wir durch das Tor auf den Wohnmobilstellplatz fahren, sind wir mit Mostar schon wieder versöhnt.
Später sagt Susi, dass sie zu dem Zeitpunkt am Liebsten sofort zurück nach Kroatien gefahren wäre.
Der Platz liegt sehr schön am Flussufer und der Betreiber hat mit einer offenen Bar und einer überdachten Terrasse im kanadischen Blockhaus-Stil eine schöne Atmosphäre geschaffen.
Er ist die ganze Zeit vor Ort und baut an einer kleinen Blockhütte. Es stehen schon mehrere Wohnmobile da. Die Duschen sind total ok und die Leute auch.
Wir können morgen mit dem Taxi für drei Euro in die Innenstadt fahren. Heute sind wir mit Pausen sechs Stunden lang unterwegs gewesen und wollen nun ein bisschen Tempo rausnehmen aus unserem Roadtrip.
Deswegen machen wir erstmal nichts mehr außer dem Plätschern des Wassers und den Gesängen aus der Moschee zu lauschen.
Ich genieße die Ruhe und Entspannung. Schließlich haben wir auf dem Weg hierher in kurzer Zeit ganz schön viele Eindrücke gesammelt.
Abends bruzzeln wir uns etwas und essen gemütlich zu dritt im Wohnmobil.