Jetzt fahren wir fünfzig Kilometer durch den Regen gen Norden, denn wir machen ganz oben mit Sylt weiter und lassen uns danach wieder gen Süden trudeln. Sechzehn Kilometer vor der dänischen Grenze steuern wir unseren nächsten Stellplatz, der hinter dem Deichhaus Hemenswarft liegt, an.
Es ist eine tiefer liegende Wiese im Schutz der höher liegenden Pension Hemenswarft. Rundherum ist nichts. Nur Wiesen. Es ist wirklich sehr sehr schön und ruhig und idyllisch hier. Die netten Betreiber informierten uns aber im Vorfeld per Email, dass es bei stärkerem Regen leider nicht gehe, wir aber selber schauen können. Die Gegend hier und das Gästehaus sind ausgestorben und der Regen prasselt weiter auf unsere Windschutzscheibe. Wir lassen unser Wohnmobil erstmal oben auf der Straße am Deich stehen und inspizieren die Wiese zu Fuß. Leider stehen wir auch schon gleich im Nassen. Okay, das hat sich dann also erledigt. Selbst wenn wir uns nicht festfahren, würden wir aber tiefe Reifenspuren in dem weichen Grund hinterlassen und den Stellplatz kaputtfahren. Und das wollen wir natürlich nicht.
Eigentlich wollten wir von hier aus mit den Rädern morgen früh zehn Kilometer zum Bahnhof Klanxbüll fahren und dort in den Zug nach Sylt steigen. Nun müssen wir umplanen. Wir entscheiden uns dafür, die Nacht auf dem Wohnmobilstellplatz in Niebüll zu verbringen. In Niebüll kann man ja auch in den Zug nach Sylt steigen.
Niebüll ist etwas belebter als die Gegend, aus der wir kommen. Wir stellen das Wohnmobil auf dem Stellplatz, einem schnöden Platz vor dem Hallenbad, ab. Dass der Bahnhof gleich um die Ecke ist, ist ganz praktisch bei dem Regen. Schließlich wollen wir trocken auf Sylt ankommen und dort auch noch ganz viel Fahrradfahren.
Wir schlendern zum Bahnhof, kaufen Zugtickets für morgen und schauen bei der Beladung der Autozüge zu. Ich freue mich schon auf morgen und hoffe, dass es nicht so doll regnet, wenn wir Sylt mit dem Fahrrad erkunden wollen.
Wir schlendern durch Nieblum zurück zum Wohnmobil und ich frage Tatti, ob wir nicht auch mal mit dem Wohnmobil nach Sylt wollen.
Ich würde es sehr spannend finden, mit dem Wohnmobil auf den Autozug zu fahren. Und Sylt ist so schön vielseitig und hat tolle Dünen und so viele schöne Ferienhäuser. Und es ist dort auch gar nicht so versnobt wie Tatti immer denkt. "Ne, echt nicht", antwortet sie. Mal abwarten, was sie morgen Abend sagt.
Dann gehe ich zum Testzentrum in unmittelbarer Nachbarschaft des Stellplatzes. Ich bin auch schon gleich an der Reihe, finde aber meinen Ausweis nicht. Mist. Mist. Mist. Ich denke nach. Zuletzt gesehen habe ich ihn am Fährhaften von Nordstrand beim letzten Testen.
"Ne, dann geht das nicht. Den brauchen wir schon.", sagt ein Helfer. Ich bin entsetzt. Wo ist er denn nur? Ich befürchte, dass ich ihn auf Pellworm bei einem Fotostop zusammen mit meinem Handy aus der Jacke gezogen habe und es nicht gemerkt habe. Dann liegt er jetzt irgendwo neben dem Pellwormer Deich. Was mache ich denn nur?
"Geht auch mein Führerschein?". "Nein." Ich stöhne. Ist das friesisch oder was? Kein bisschen flexibel. Ich jammere und bettele so lange bis sie zustimmen, weil sie mich endlich wieder loswerden wollen.
Ich hasse Corona! Und ich hasse es, dass ich den Ausweis nicht gleich vernünftig verstaut habe auf Nordstrand! Meine ausweislose Lage besorgt mich gerade auch ein wenig, weil ich mich ja im Coronoakontrollurlaub alle zwei Tage an weiteren verschiedenen Teststellen noch ausweisen muss. Wenigstens ist der Test negativ. Das hätte mir gerade noch gefehlt.
Abends holen wir uns Döner und sehen fern. Der Döner ist nicht so lecker. Die schmecken auch überall total unterschiedlich.