Bis nach Ėvora sind es noch sechzig Kilometer. Die Straßen sind leer und der Weg führt uns durch Korkeichenwälder. Korkeichen macht es nichts aus, geschält zu werden. Das Schälen erfordert ein besonderes Geschick und es gehört mit 120 Euro Stundenlohn zu den bestbezahltesten Handwerksberufen in Portugal.
Wir halten an und betrachten die Bäume aus der Nähe. Wofür diese Bäume hier ihre Rinde wohl hergeben musste? Vielleicht für Weinflaschen? Oder für Bodenbeläge?
In Ėvora müssen wir ein bisschen nach einem Parkplatz suchen, können dann aber beim Viadukt parken und daran entlang in die Innenstadt gehen.
Und ich bin begeistert von der weißen Stadt. Sie gehört zum Weltkulturerbe und ist eines der Juwelen unserer Portugal-Reise. Portugal ist echt der Hammer, denke ich immer wieder, und es nimmt kein Ende. Unglaublich!
In der Innenstadt rennen wir gleich erstmal fast gegen die Säulen eines römischen Tempels.
Ich habe noch nie ein so altes Gebäude in Wirklichkeit gesehen. Glaube ich. Jedenfalls nicht mitten neben einem Kiosk. Wir setzen uns erstmal an einen der kleinen runden Tische des Kiosks und lassen diesen geschichtsträchtigen Ort auf uns wirken.
Ich bestelle etwas zu trinken und Natas für uns und ich starre dann mit meinem Cappuccino in der Hand den Diana-Tempel an. Anschließend gehe ich nah an sein Fundament und lege meine Handinnenfläche mit ausgespritzten Fingern auf die staubige Wand. Das zweite Jahrhundert anzufassen, relativiert alle möglichen Sorgen.
Igrea de São João Evangelista
Nach den Natas gehe ich in die wunderschöne Kirche Igrea de São João Evangelista, dessen Eingang neben dem Kiosk ist. Der Innenraum der Kirche nimmt mir den Atem. Ich wusste, dass alles blau gefliest sein soll und dachte mir vorher, dass das bestimmt komisch aussieht, wie ein Badezimmer oder so.
Beim Eintreten strahlt der Raum mich aber dermaßen an und fängt mich gleich ein. Die Wände sind, wie gesagt, blau-weiß gefliest mit Figuren und Ornamenten und ich vertiefe mich in die Bilder an den Wänden und schaue mir die vergoldeten Schnitzereien des Altars an. Und das Raumgefühl und die Ausstrahlung überwältigen mich. So kann man sich irren. Dann zünde ich eine Kerze an und will erstmal gar nicht mehr weg.
Ich lasse mir viel Zeit, setze mich in die letzte Kirchenbank und lasse alles auf mich wirken und genieße es, dass ich gerade in dieser unerwartet wunderschönen Kirche mit für mich so besonderer Stimmung bin. Ein kühler, irgendwie kraftvoller Ort mit dicken Wänden, eine kleine Ruheoase inmitten der sonnenhellen, freundlichen, lebhaften und warmen Stadt da draußen.
Als ich wieder hinaus ins Sonnenlicht trete, lege ich Tatti auch einen Besuch der Kirche ans Herz. Aber sie möchte lieber weitergehen, ist lieber draußen in der Sonne unterwegs.
Kathedrale der Nossa Senhora da Assuancao
Mein nächstes Ziel ist das Dach der Kathedrale der Nossa Senhora da Assuancao.
Ich schaue mich im gotischen Innenraum mit den hohen Säulen nur sehr kurz um, will sofort auf das Dach.
Also steige ich die Wendeltreppe hoch. Während ich mich da so im Kreis immer höher drehe, denke ich, dass ich jetzt eigentlich auch mal solche Besuche zu zweit machen will.
Aber in Kirchen und Kathedralen sind Hunde natürlich nicht erlaubt. Ich kenne das ja schon, bin aber trotzdem gerade ein bisschen traurig darüber, wenn ich die ganzen Paare hier sehe.
Ich gehe oben auf den geneigten Dachseiten hinunter bis zur Brüstung. Wow, die ist ganz schön niedrig. Ich kann von hier oben über die Dächer und das umliegende Land bis zu den Bergen schauen. Und wenn ich mich vorbeuge, kann ich abstürzen. Wie gefährlich das ist! Vor allem hat man richtig Schwung drauf, wenn man bergab geht. Mir tippt Jemand auf die Schulter.
Ein Mann fragt mich auf Englisch, ob ich ein Foto von ihm und seiner Frau machen kann. Klar, kann ich. "Where do you come from?" frage ich. "Poland, and you?". "Germany". Ich glaube, sie haben Mitleid mit mir, weil ich alleine hier oben bin. Ich muss mich dann auch von dem Mann fotografieren lassen, obwohl ich nicht will.
Unten erzähle ich Tatti unten, dass ich neue Freunde habe. Das kratzt sie aber nicht. Sie denkt eh, dass ich komisch bin, wenn ich sowas sage. Bin ich ja auch.
Wir gehennach einem Spagetti-Eis zu einem Platz, der von weißen Gebäuden gesäumt ist.
Danach grusele ich mich in der Knochenkapelle Capela dos Ossis, dessen Innenraum aus echten Knochen, auch Schädeln, der Mönche gebaut wurde. Das wollten die Mönche angeblich gerne so.
Ich frage mich, wie man bittesehr drauf sein muss, wenn man so etwas will. Ne. Also wirklich. Hingabe zu Gott und so schön und gut, aber das ist auch echt ein bisschen eklig.
Auf den Ecken des Gebäudedaches sind muskulöse Atlasfiguren zu sehen, die die Weltkugel tragen. Ach, auch schön, dass das Jemand übernimmt.
Es gibt so viel zu gucken. Évora macht Spaß und bekommt auf jeden Fall jede Menge Sternchen von mir!
Nun gehen wir Wiede zum Auto und werden einen Schlafplatz suchen.
See Barragem de Maranhão
Unser nächster Schlafplatz ist auf dem Campingplatz Avis beim Club Náutico und liegt am See Barragem de Maranhão. Wir sind durch den letzten Campingplatz am Stausee auf den See-Geschmack gekommen. Dieser Platz kann dem Markádia aber leider nicht das Wasser reichen.
Wenigstens können wir bequem duschen, unsere Pizzabacktechnik auf dem heißen Stein optimieren und ein wenig auf das Wasser schauen.
So langsam kriegen wir den Dreh mit der Pizza im Grill auf unserem zugesägten Pizzastein auch raus. Das Problem bleibt aber, die belegten rohen Pizzastücke heil auf den Stein zu bekommen.