Am nächsten Morgen machen wir uns bei 20 Grad und schönstem Sonnenschein zu Fuß auf den Weg zur Pont de Gard.
Wir brauchen 20 Minuten.
Wir gehen am Ufer des Flusses Gardon, der früher Gard hieß, entlang auf das gigantische römische Aquädukt zu.
Dort angekommen, gehe ich erst unter den riesigen Bögen hindurch und anschließend die Treppe hoch und auf dem Aquädukt hinüber ans andere Flussufer.
Die Pont du Gard gehört zu den wichtigsten erhalten gebliebenen Brückenbauwerken der antiken römischen Welt.
Sie ist 49 Meter hoch und umfasst 3 Etagen. Sie war Teil einer 50 Kilometer langen Wasserleitung, die das Wasser von Quellen nahe Uzès bis zum heutigen Nîmes transportierte.
Sie ist römische Erfolgsgeschichte zum Anfassen und das ist faszinierend.
Der Ort hier ist sehr schön mit dem ruhig dahinfließenden Fluss.
Am anderen Ufer gibt es Ausstellungsräume und eine Snackbar.
Wir wollen nirgends reingehen, sondern so schnell wie möglich zum Strand in der Camargue.
Die Fahrt in die Camargue dauert 40 Minuten.
AUf dem Weg zum Strand kommen wir durch die Salinenfelder von Salin-de-Giraud.
Sie sehen aus wie rosafarbene Mondlandschaften. Bei einem kleinen Aussichtshügel - dem Point d´Observation des Salins - machen wir einen kleinen Halt.
Hier ist es ruhig und weitläufig und ein Mann mit einem Wohnmobil hat es sich zwischen den Salinenfeldern mit Campingmöbel gemütlich gemacht. Er schaut mit einer Kaffeetasse in der Hand und einem Buch auf dem Schoß hinaus in die Weite.
Ich frage mich, ob er hier auch geschlafen hat. Bestimmt hat er sich aus dem Wind vorne am Strand zurückgezogen.
Vom Aussichtshügel inmitten der Salzgärten fahren wir über einen Damm Richtung Meer.
Das ist so schön hier!
Rechts und links glitzert das flache Wasser der Salinen und darin stehen immer wieder scharenweise große Vögel.
Ich halte die ganze Zeit Ausschau nach rosa Flamingos und fotografiere dauernd aus Versehen andere Vögel.
Bei einem Fotohalt fliegt mir beim Aussteigen der kleine Teppich von meiner Trittstufe in der Beifahrertür weg, so sehr stürmt es. Ich fange ihn ein und springe wieder ins Auto.
Wir fahren auf den Strand von Piémanson bis an einen Staketenzaun heran und halten direkt vor einem Durchgang.
Erstmal gehen wir ganz lange unten am Wasser spazieren.
Ich ziehe meine Schuhe aus.
Das kalte Wasser an den Füßen tut gut.
Und das Rauschen der Wellen und die Weite tun uns beiden auch so gut.
Auch Hannes rennt wir ein Irrer glücklich über den Strand.
Es sind kaum Menschen hier am Strand, nur ein paar Camper mit ihren Wohnmobilen. Für eine Tasse Kaffee und einen Keks- und Weintrauben-Snack gehen wir zurück zum Wohnmobil.
Ich bleibe für den Kaffee lieber im Windschutz des Wohnmobils, drehe mir dafür den Sitz zum Meer, lass´ die Schiebetür auf und finde unseren Standort und den Ausblick auf Strand und Meer mehr als genial.
Dafür nehme ich auch eine feine Sandschicht auf der Küchenzeile und dem Boden, die der Wind reinbläst, in Kauf.
Ich beobachte, wie Tatti mit Hannes über den breiten Sand zum Meer hinunter geht. Die zwei werden immer kleiner bis sie nur noch Punkte sind.
Wenn man auf so engem Raum zusammen hockt, braucht Jeder auch mal Zeit für sich.
Ich mache ein Foto von den beiden Punkten und ihren Spuren im Sand, die von mir weg führen.
Danach setze ich mich in den weichen Sand vorm Wohnmobil und bete die Sonne und unser geiles Leben an.
Wie schön das ist, im Oktober nochmal barfuß im weichen Strandsand und im Meerwasser laufen zu können!
Das und das Meeresrauschen und der Wind und die Weite und die Farben Hellblau, Sand und Weiß und überhaupt alles bereichern meinen Tag gerade sehr und machen mich superhappy.
Am späten Nachmittag fahren wir durch den Nationalpark zum Übernachtungsplatz.
Die Strecke leitet uns durch wogenden Schilf und am Ufer des Ėtang de Vaccarès - einem riesigen flachen Salzsee - entlang. Wir halten immer wieder an und entdecken rechts und links Scharen rosafarbener Flamingos, die im flachen Wasser stehen und nach Nahrung suchen. Das ist so klasse!
Noch vor einer Woche beim Blick auf die Wetterprognosen in Europa hatte ich uns schon sitzen sehen im Wohnmobil, draußen Dauerregen und wir beide mit der miesesten Laune, die man sich vorstellen kann.
Unser Wohnmobilstellplatz liegt bei der Reisfarm La Maison du Riz am westlichen Rand der Camargue. Wir können dort gratis auf dem Besucherparkplatz übernachten.
In einem kleinen Häuschen ist ein privates Reismuseum und eine Wand mit regionalen Produkten wie Seifen, Säften, Lavendel-Öl, Fleisch der schwarzen Camargue-Stiere als Fertiggericht im Glas und als Pastete, Saucissons, Camargue-Salz und natürlich Reis aus dem eigenen Anbau.
Ich kaufe weißen Naturreis, Minzseife und lecker aussehenden Apfelsaft. Das kleine Reismuseum schließt gerade und ich bummele mit meinen Errungenschaften im Arm zurück, schaue rechts und schaue links und frage mich, wer hier warum am Rande der Camargue ein Reismuseum eröffnet hat.
Ich koche in der Abendsonne und wir essen entspannt unser Nudelgericht vor unserem Wohnmobil und trinken den Rest Giraudwein.
Danach machen wir einen großen Spaziergang durch die abgeernteten Reisfelder und schauen uns Schautafeln über Reisanbau an, gehen auf einem Wall an der kleinen Rhone entlang und durch eine Schilfallee zurück zum Hof.
Ich recherchiere im Internet, dass Jaques ein leidenschaftlicher Reisbauer in dritter Generation isei, der seinen Beruf so sehr liebe, dass er das Museum gegründet habe. Na ja, steht auf der eigenen Website. Vielleicht ja auch, um das Geschäft anzukurbeln, ist uns aber egal. Es ist so oder so ein sehr schöner Übernachtungsplatz.
Als wir zurückkehren, ist der Stellplatz voller geworden. Wir bräuchten heute Landstrom zum Aufladen unserer Fahrradakkus.
In der einzigen Steckdose am Zaun steckt aber das Kabel eines holländischen Wohnmobils. Wir beäugen die holländische Frau, die mit geschlossenen Augen vor ihrem Wohnmobil sitzt. Weiter hinten sehe ich einen kleinen drahtigen Franzosen mit seinem Kabel in der Hand und auch er schaut rüber.
Ich gehe beherzt zu ihr und frage auf holländisch, ob sie die ganze Nacht Strom braucht oder wir uns abwechseln können. Sie reagiert nicht, will wohl nicht so recht die Steckdose teilen. Jetzt kommt der Franzose hinzu und sagt etwas, das ich nicht verstehe.
Dann reden wir alle und fuchteln herum. Jeder zeigt auf etwas. Schließlich verstehe ich, dass der Franzose nach einem Mehrfachstecker gefragt hat. Ach ja, stimmt ja, wir haben eine Kabeltrommel mit mehreren Anschlussmöglichkeiten, die Tatti rausholt. Und dann sind alle die ganz Nacht am Strom und alle sind zufrieden.
Zum Abend färbt sich der Himmel orange und es wird ruhig hier auf dem Besucherparkplatz zwischen den Reisfeldern.