Tag 7 Arles und Cassis

 

Auf nach Arles

 

Als wir wach werden, stürmt es draußen dermaßen, dass wir nun doch nicht durch die Camargue radeln wollen.

 

Wir fahren zwanzig Kilometer nach Arles und parken zusammen mit einer Reihe weiterer Wohnmobile hinter einer Flutschutzmauer an der Rhône und aktivieren vorsichtshalber alle Einbruchschutzmaßnahmen.

 

 

Zur Innenstadt ist es nicht weit, nur ein Stück am Ufer entlang, über eine Brücke und schon stehen wir vor dem gelben Cafégebäude, das auf einem bekannten Gemälde van Goghs zu sehen ist, dem Café la Nuit.

 

 

Vincent van Goghs Café la Nuit 

 

 Wie oft habe ich das Bild mit der gelben Wand, dem dunkelblauen Himmel und den Tischen davor schon gesehen in meinem Leben. Früher in der Schule. Im Krankenzimmer an der Wand. Im Original in Holland. Jetzt stehen wir hier quasi in etwas, das in meiner Vorstellung eigentlich nur ein Gemälde ist. Lustig.

 

 

Irgendjemand hat allerdings die schönen hellen Stühle aus dem Sommer 1888 entsorgt und sie durch zu viel Schwarz ersetzt. Ansonsten erweisen die Betreiber Van Gogh alle Ehre und haben alles gelb gelassen.

 

 

Place de la République

 

Unser Arles-Rundang führt uns weiter durch das Erdgeschoss des Rathauses auf den rechteckigen Place de la République, dem Herzstück der Stadt.

 

 

Beim Hinaustreten in die Sonne dominiert ein hohes schmales Denkmal, der Obélisque d´Arles, unseren Blick. Er ragt aus einem Brunnen heraus. 

 

Rechts neben dem Rathaus steht die romanische Kathedrale Saint Trophime, das bedeutendste Gebäude der Stadt. Der Fassade ist ein Portal mit Skulpturen vorgeblendet, das zu den schönsten der Provence zählen soll. Das Portal sieht auch echt üppig aus. Nach der Auferstehung der Erlösten und der Höllenfahrt der Verdammten, was im oberen Fries dargestellt wird, ist mir der Kopf allerdings gerade gar nicht. Ich gehe lieber in die Sonne und zum Brunnen. 

 

 

Der ganze Platz erstrahlt hell unter dem blauen Himmel. Der Obelisque ist Teil des Weltkulturerbes. Er wurde unter einem römischen Kaiser im vierten Jahrhundert errichtet und zerbrach mal, wurde eine Zeitlang nicht beachtet, später wiederentdeckt und aufgerichtet und zuletzt im neunzehnten Jahrhundert versehen mit dem Brunnen in Blumenform.

 

Roadtrip Provence im Herbst

 

Den Brunnen hat der Bildhauer Danton der Ältere geschaffen. Cooler Name. Ich finde Danton verdient mindestens genausoviel Ruhm wie Van Gogh, denn der Blumenbrunnen mit dem glasklaren Wasser steht dem Obelisque ausgesprochen gut und passt toll auf diesen Platz. 

 

Man sieht auch, dass die Menschen sich hier wohl fühlen. Einige sitzen auf dem breiten Brunnenrand, einige auf Treppenstufen vor den Gebäuden und andere auf den Bänken mitten auf dem Platz. Und sie wirken entspannt und zufrieden. Also bin ich es auch. 

 

 

Le marché d´Arles

 

Diese Reise hat lauter Glückstage für uns parat. Auch heute ist wieder so ein Glückstag. Samstags findet nämlich in Arles der größte und farbigste Markt der Provence statt. Und heute ist Samstag.

 

Also gehen wir zum Boulevard de Lices und tauchen ein in das quirlige Markttreiben. Es wimmelt nur so von Menschen und den unterschiedlichsten Waren. Überall höre ich französische Sätze, sehe, wie Marktleute Dinge einpacken und über die Tische reichen und der ganze Marktplatz ist angefüllt mit französischem Alltagsleben mit all seinen Farben und Gerüchen.

 

 

Ich staune über das vielschichtige Warenangebot und werde angelockt von einem Stand mit Macarons in sämtlichen Pastelltönen und Geschmacksrichtungen und stehe dann erstmal überfordert und bewegungslos vor einem Stand mit riesigen Haufen Rosinenschnecken und Croissants. Dort herrscht großer Andrang und die Leute kaufen die Haufen leer und sie werden immer wieder aufgefüllt.

 

 

Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst gucken soll und schon gar nicht, was ich kaufen soll. Auf dem Markt werden nicht nur Obst, Gemüse und Backwaren angeboten, sondern auch Haushaltswaren, Tücher, Kleidung, Fische und Kräuter. ... Ich gucke und gucke und gucke... Die Seifen sehen schonmal am Schönsten aus!

 

 

Mein Hungergefühl meldet, dass nun dringend Frühstückszeit ist. Also brauchen wir was vom Backstand. Ich stelle mich an und bin viel zu schnell dran. Leicht überfordert zeige ich auf die drei größten Haufen: Croissants, Pain aux Raisins (Rosinenschnecken) und noch so kleine Hörnchen.

 

Mit meiner Ausbeute gehe ich zu Tatti, lade die Tüte bei ihr ab, und hole noch ein paar Macarons und beim Kiosque du Jardin, der sich neben dem Eingang eines kleinen öffentlichen Gartens befindet, zwei Kaffee.

 

 

Wir stehlen uns vom Marktgeschehen weg und schlüpfen in den kleinen Garten mit dem wundervollen Namen Jardin d´Éte (Sommergarten). Dort packen wir die Errungenschaften auf einer Bank aus. Hier ist es schön ruhig und wir können unsere Leckereien genießen und beim Essen das Markttreiben aus der Ferne beobachten. 

 

Und wenn ich sage genießen, dann meine ich auch genießen. Die Rosinenschnecken mit Pudding sind nämlich noch warm und zum Niederknien. Sie sind definitiv die leckersten Panik aux Raisins, die ich je gegessen habe und je essen werde. Spätestens jetzt hat Avignon mein Herz komplett erobert. Ich sag ja, dass ich käuflich bin, sogar mit warmen Rosinenschnecken. 

 

 

Nach dem Frühstück gehen wir noch mal über den Markt und lassen uns weiter mitreißen von dieser quirligen Welt. Irgendwann können wir nichts mehr aufnehmen und entfernen uns vom Markt. Wir gehen durch die Gassen zum Amphitheater.

 

 

Amphitheater von Arles

 

Wir lassen ein römisches Theater links neben uns liegen und haben nur Augen für das vor uns liegende größere Amphitheater (Arènes d´Arles).

 

Es bestand mal aus drei Etagen, jetzt nur noch aus zwei, wirkt aber auf uns noch immer gigantisch groß.

 

 

Wir gehen um die Arena und ich sinniere darüber nach, wie es wohl gewesen sein muss, als hier früher zwanzigtausend (!) Menschen herkamen und auf den Rängen Platz nahmen. Beeindruckend, dass es vor fast zweitausend Jahren gebaut wurde und noch heute von uns angeschaut und angefasst werden kann.

 

Die Arena hier in Arles wurde von Hemmingway beschrieben und von van Gogh gemalt und nun von mir fotografiert. Haha. Tadaa! Die drei Genies. 

 

 

Es herrscht entspannte Stimmung und in der Straße, die um die Arena herumführt, gibt es Cafés und kleine Souvenirläden. Die Häuserreihen sehen hübsch aus mit ihren Läden und sind teilweise idyllisch berankt. So wie in einigen Gemälden von van Gogh eben. 

 

 

Hinter der Arena gehen wir auf einen Aussichtspunkt neben einer einfachen, niedlichen Kirche und schauen von oben auf die Dächer von Arles. 

 

 

Nun machen wir uns langsam auf den Weg zurück zum Wohnmobil. Wir gehen nochmal durch die gemütlichen Gassen dieser schönen kleinen Stadt mit dem tollen Licht. Besonders gut gefällt mir ein Blumenladen mit bezaubernd arrangierten Tischchen und Pflanzen.  Wir kommen auch nochmal bei dem gelben Café vorbei und gehen dann hinunter zur Rhône. 

 

 

An  großen Flüssen findet man sein geparktes Auto immer leicht wieder. Sehr praktisch.  Von der Brücke sehen wir den Quai de la Gabelle am anderen Ufer der Rhône, wo wir geparkt haben. 

 

Roadtrip Provence im Herbst

 

Der Roadtrip führt uns nun weiter am Mittelmeer entlang bis zu einem Naturschutzgebiet hinter Marseille, den Calanques. Wir fahren über die Autobahn und brauchen für die hundertzweiundzwanig Kilometer knapp anderthalb Stunden.

 

In Cassis holen wir uns noch schnell einen neuen AdBlue Notvorrat bei einer Tankstelle und fahren dann zum Campingplatz.  

 

 

Camping les Cigales in Cassis

 

Nun stehen wir vorm Campingplatz Les Cigales in Cassis. Es herrscht gerade etwas größerer Andrang. Vor uns stehen drei Wohnmobile an der Schranke. Einen Wartebereich gibt es nicht, so dass wir mit Warnblinklicht auf einer vielbefahrenen Hauptstraße warten müssen bis ich in einer kleinen Holzhütte einchecken kann.

 

 

Der Campingplatz erstreckt sich über eine Bergkuppe weit oberhalb des Hafens von Cassis und ist ganz nett. Wir bekommen eine recht kurze Parzelle zwischen hohen Hecken zugeteilt und müssen die Fahrräder erstmal abmachen bevor wir einparken können.

 

 

 

Der Campingplatz ist sehr gepflegt, man steht im Grünen und sieht im Hintergrund die Berge. Und er ist eine gute Ausgangsposition für einen Besuch des Calanque-Nationalparks.

 

 

Abends am Hafen von Cassis

 

Nach einem Snack marschieren wir los hinunter zum Wasser. Cassis ist ein eigentlich verträumter Hafenort und liegt am Rande des Nationalparks Calanque. Der Nationalpark erstreckt sich auf circa zwanzig Kilometern an der Küste entlang bis Marseille. 

 

Der Küstenstreifen vereint insgesamt einundzwanzig fjordähnliche Buchten, die zwischen bis zu sechshundert Meter hohen Kalksteinfelsen liegen. Der Nationalpark steht seit 2012 unter Naturschutz. Aber der ist morgen erst dran.

 

 

Jetzt ist es bald Abend und wir schlendern über die Hafenpromenade von Cassis. Ich staune, wieviel hier los ist. Unten am Hafen sind alle Tische belegt mit Familien, Paaren oder Freundesgruppen, vielleicht viele aus Marseille, vermute ich, für die Cassis ein nettes Ausflugsziel ist.

 

Die französischen Städter genießen hier im Hafen einen der letzten warmen Abende in diesem Jahr. 

 

Roadtrip Provence im Herbst

 

  

Für mich gibt es auf jeden Fall viel Buntes zu sehen. Boote, Menschen, Häuser, Läden und Leckereien auf den Tischen.  

 

 

Die Stimmung im Hafen ist sehr schön. Wir gehen um den Hafen herum, am Strand entlang und dann auf einem Pier bis zum kleinen Leuchtturm. 

 

 

In der Ferne sehen wir die Felsen liegen, auf denen wir übermorgen weiter an der Küste entlang fahren werden. 

 

 

Die Sonne, die gerade verschwindet, hinterlässt für eine Weile einen schönen hellblau-orangefarbenen Himmel und ich fühle mich wohl hier draußen zwischen all dem französischen Gemurmel am kleinen weißen Leuchtturm. 

 

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