Tag 14 Camargue

 

Nach dem Aufstehen tanken wir wieder Wasser und entleeren unseren Abwassertank. Hier auf dem Wohnmobilstellplatz in Fontvielle kann man bei Ankunft das gewünschtes Frischwasser am Zahlautomaten gleich mitbuchen und -zahlen. Wir haben also gestern schon 10 Euro für die Übernachtung und 2,50 Euro für Wasser gezahlt und müssen nun einen Zahlencode eingeben.   

 

Tatti schließt unseren Schlauch an und ich gebe den Code ein und das Wasser rauscht dann zehn Minuten lang in unseren Wassertank und schon sind wir fit für den Strand. 

 

 

Es ist erst neun, als wir starten. In einer Stunde werden wir schon unsere Stühle am Strand Piémanson aufstellen! Jippieh! Susi fährt wie immer hinter uns her und die Morgensonne begleitet unsere Fahrt Richtung Mittelmeer. 

 

Von einem Kreisel bei Arles fahren wir falsch ab und sind plötzlich auf dem Weg Richtung Innenstadt. Wir wenden, fahren zurück auf den Kreisel und fahren gleich nochmal falsch ab, wir Superhelden, merken es aber erst nach zehn Minuten.

 

- Hä? rede ich mit mir selber. Wir sind auf der falschen Seite von der Rhône. 

Ich schaue nochmal nach. Ja, es stimmt.

- Und wo ist Susi überhaupt? 

- Schon lange nicht mehr hinter uns, sagt Tatti. Ich schreibe Susi an und wir schicken uns gegenseitig unseren Live-Standort. Sie fährt auf einer Parallelroute rechts von uns auf das Meer zu. Und zwischen uns ist die Rhône, die immer breiter wird. 

- Wir müssen wenden! sage ich. Oder? Ich sehe mir den Wasserlauf auf der Karte an.

Da hinten is `ne Flussfähre, sage ich. Ich überprüfe noch schnell die Betriebszeiten. Hm. Eigentlich müsste sie fahren. Wir lassen es drauf ankommen und fahren weiter geradeaus.

 

 

Flussfähre Bac de Barcarin

 

Nach 25 Minuten taucht hinter einer kleinen Brücke ein Fähranleger auf. Die Rhône ist hier kurz vor der Mündung ins Mittelmeer sehr breit. Die Fähre erspart den Leuten, die an der Küste entlang fahren, einen großen Umweg über Arles. Und für uns ist sie auch sehr praktisch. Und aufregend!

 

Mit dem dicken schweren Wohnmobil auf ein kleines Böötlein! Sehr spannend! Immer wieder! Fähre fahren ist für mich Urlaub pur. Schon immer. Das fand ich schon als Kind superspannend und sooo schööön!

 

 

Wir warten brav hintereinander mit vier Autos vor der roten Ampel auf die Fähre. Auf einer Tafel steht, dass kleinere Kastenwagen sechs Euro und größere zehn Euro kosten und Fußgänger und Radfahrer gratis mitfahren können. Hm, gilt unser Kastenwagen als groß oder als klein? Wir hoffen, dass genug Platz für die fünf wartenden Fahrzeuge ist. Dann könnten wir schon gleich bei der nächsten Fahrt mit. 

 

Und Susi kommt in meinem Handy auf der Landkarte immer näher, aber am anderen Ufer. 

 

 

Dann zieht auf der Gegenfahrbahn plötzlich ein großes weißes Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen an uns und den roten Ampeln vorbei und stellt sich vor uns alle. Was für ein Penner! Wie frech kann man sein? Ärgerlich, wenn wir seinetwegen nicht mehr mit auf die Fähre passen! Die Fähre kommt, legt an und die Ampel wird grün. 

 

 

Zum Glück ist es eine ausreichend große Fähre und alle passen drauf. Sonst hätte ich beim Warten auf die übernächste Fährfahrt vermutlich fiese Rachepläne für den deutschen Vordrängler geschmiedet. 

 

 

Ein netter Fährschiffer kommt ans Fahrerfenster und kassiert sechs Euro. Tatti bleibt sitzen. Ich steige aus, gehe rum und fotografiere das Rhônedelta, die Wohnmobile auf der Fähre, den Rettungsring, die Rampe, das andere Ufer, den Fährmann mit Hut usw.. Ich frage mich immer, was die Leute wohl denken, wenn ich deren normalen Alltag knipse als gäb´s kein Morgen. 

 

 

Auf einem Parkplatz im kleinen Dörfchen Salin-de-Giraud finden wir drei uns wieder. Wir parken im Schatten zweier Platanenreihen. Jetzt ist unsere Welt wieder in Ordnung!

 

Merkwürdig ist das, dass man im Ausland so schnell so übertrieben beunruhigt sein kann, wenn man sich mal kurz nicht sieht oder durch einen Fluss voneinander getrennt ist!

 

 

Der Parkplatz, auf dem wir wieder zusammentreffen, wird in der Park4night-App als ruhiger gratis Übernachtungsplatz genannt. Der Tag ist aber noch jung und wir wollen schließlich zum Strand! Wir tanken noch schnell, denn gleich wird es kein Dorf mehr geben, nur noch Natur.

 

Unser Schlenker mit Fährfahrt hat uns übrigens nur zehn zusätzliche Minuten gekostet! 

 

 

Salin de Giraud

 

Gleich hinter dem Dorf beginnt eine weite Ebene mit rosafarbenen Lachen, den Salzwiesen der Saline von Giraud. Das ist so hell, dass es einem fast in den Augen weh tut. 

 

 

Vor uns taucht ein Hügel mit Aussichtspunkt auf, den wir schon kennen. Wir finden, dass Susi auch mal einen Blick von oben auf die rosa Landschaft werfen sollte und biegen rechts ab auf den Parkplatz. 

 

 

Unten steht eine Tafel, die für geführte Touren durch die Saline wirbt. 

 

 

Ich mag diesen besonderen Ort.

 

So ruhig.

 

Und weit.

 

Nur Himmel und Sand und rosa Wasser. Und ein bisschen Wind.

 

Schon beim Aussteigen fühle ich mich frei und atme die Meeresluft tief ein. Wir stiefeln zu dritt den Aussichtshügel hoch.

 

 

Oben drehen und recken wir unsere Köpfe zuerst in allen Richtungen. Wow! Wow! Und nochmal wow! Die Landschaft ist so speziell! 

 

Da denkt man, Salinen sind nur so eine Art Muss auf Reisen. Und da stehst du dann zwischen rosa Pfützen und bist begeistert wie ein kleines Kind. 

 

 

Die rosafarbenen Salzteiche sind von Dammwegen durchzogen. Auf dem Hügel ist ein Picknicktisch mit Bänken und Dach und neurdings auch einer dieser fragwürdigen Fotorahmen. Ich finde die so doof. Den ganzen schönen Anblick machen die Leute damit kaputt. 

 

 

Die rosafarbene Färbung der Salzseen kommt übrigens von einer Mikroalge namens Dunaliella Salina, die in salzhaltigem Wasser besonders gut gedeiht. Die Alge soll auch für die rosa Farbe von Garnelen und Flamingos verantwortlich sein! Ich habe keine Ahnung, ob es stimmt, finde es aber ziemlich witzig! Da fressen sich die Tiere die rosa Farbe erst an! 

 

 

Auf einer Schautafel wird die Geschichte des Salzes erläutert und auf einer anderen werden die Meersalzarten, die die Firma Balein seit 1934 vertreibt, dargestellt. 

 

 

Sieben vom Aussterben bedrohte Vogelarten finden hier ein Zuhause und tausende Zugvögel ruhen sich hier aus und fressen sich Fettreserven an. 

 

 

Die Camargue liefert ideale Bedingungen für die Gewinnung von Meersalz. Das Meer und lehmige Böden. Flache Landschaft. Viele Seen. Dazu wenig Regen, die heiße südfranzösische Sonne und der Wind, der die feuchte Luft wegbläst.  

 

 

Auf unserer Weiterfahrt über einen Damm, der zum Strand Piémanson führt, halten wir Ausschau nach rosa Flamingos. 

 

 

Die Camargue ist bei Hobby-Ornithologen sehr beliebt. 

 

 

Wir stoppen und schauen uns mit dem Fernglas die Vögel auf dem Wasser an. Die Flamingos waten im Wasser herum und bewegen ihren Schnabel hin und her, um Garnelen, Krabben oder Algen herauszufischen. Das Salz des Wasser können sie mithilfe einer Drüse über die Nasenlöcher ausscheiden. Das ist auch wieder so lustig! 

 

 

Hier ist es so angenehm still und die Natur lädt zum Verweilen ein, zum zur Ruhe kommen. Man muss mit seinem Wohnmobil nicht mal direkt am Strand stehen. Auch hier zwischen den Salzseen sehen wir den ein oder anderen Camper mit Stühlen davor. Echte Genießerplätze!  

 

 

Plage Piémanson

 

Am Ende der Straße liegt das Meer. Wir fahren über festgefahrenen Sand bis an eine Reihe Zaunpfähle. Der Strand ist riesig und es gibt reichlich Platz für alle.

 

Die Weite und die Farbe des Sandes zusammen mit dem Hellblau des Himmels sind angenehm beruhigend. Tatti hält und stellt den Motor aus. Ich stoße die Beifahrertür auf und freue mich, dass in erster Reihe genug Platz für Susi und uns ist. Einen perfekteren Platz zum Abhängen kann ich mir grad nicht vorstellen!

 

Das Rauschen der Wellen zusammen mit einem leichten Wind, der vom Meer in mein Gesicht fegt, tut gut!

 

 

Erstmal stehen wir ganz lange da vor den Autos und gucken auf das Meer.

 

Dann holen Tatti und Susi die Campingmöbel raus und ich koche Eier und Kaffee und schneide Avocado, Tomaten und Mozzarella. Wir decken uns einen feudalen und dem besonderen Ort würdigen Frühstückstisch und genießen auf dem Strand sitzend all die leckeren Dinge und schauen dabei auf´s Meer. 

 

 

Wir können im T-Shirt draußen sitzen. Und wir haben noch über eine Woche Urlaub vor uns. Heute ist der 26.September und wir müssen erst am 7.Oktober wieder arbeiten. Sehr geil!

 

 

Nach dem Frühstück gehe ich barfuß durch den warmen weichen Sand zum Wasser und dann mit den Füßen ins Wasser.  Das Wasser ist kalt und spritzt auf beim Gehen. Mein Kopf ist längst frei. Das Meer braucht mir keine Sorgen mehr abzunehmen. Die sind schon seit der Schweiz nicht mehr da. 

 

 

Als ich zurückkomme, riecht unsere Feigenkiste im Wohnmobil schon sehr intensiv. Die vergammeln, wenn wir sie nicht bald essen. Also backe ich Feigenkuchen im Omnia mit Blick aufs Meer und finde, dass mein Backplatz nicht zu toppen ist! 

 

 

Wir gehen spazieren und hängen auf unseren Campingstühlen ab, lesen, träumen, halten die Nase in die Sonne und stecken die Zehen in den warmen Sand.

 

Susi sitzt mit Airpods da und schaut aufs Wasser. Welchen romantischen Träumen sie wohl gerade nachhängt? Ich glaube, ich weiß es, darf ich hier aber nicht schreiben. 

 

 

Meinen mit einem bunten Vogel bemalten Stein, auf den ich It´s a good day to have a good day geschrieben hatte, setze ich hier aus. Der passt gut hierher, finde ich.

 

Also stecke ich ihn in den Spalt eines Zaunpfostens. Hoffentlich kann der kleine Vogel seine Finderin oder seinen Finder aufmuntern. Falls die oder der traurig ist, meinte ich. 

 

 

Eine Camperin aus einem neueren Wohnmobil ein Stück weiter kommt zu uns und fragt uns ganz viele Dinge zur Technik. Sie stellt sich als Isolde vor und erzählt, dass sie und ihr Freund Neulinge seien und noch Erfahrung sammeln.

 

Isolde weiß schon richtig gut Bescheid über die neueste Wohnmobiltechnik und sie kann mindestens fünf Minuten reden ohne Luft zu holen. Ich mag Isolde und antworte ihr und frage auch etwas zurück und gehe mit ihr zum neuen Wohnmobil, denn das finde ich auch immer spannend, wie andere Leute so in ihren Wohnmobilen hausen. 

 

Isolde zeigt mir ihren Maxxfan, eine Klimaanlage, die oben in die Dachluke gebaut wurde, und ihren Freund. Ich schreibe ihr zum Abschied Lillynorden.de auf einen kleinen Zettel und nehme mir vor, bald mal Visitenkarten oder Aufkleber oder so zu kaufen.

 

Also Isolde, falls du das hier liest, danke nochmal für die erfrischende und nette Begegnung am Strand! Vielleicht treffen wir uns ja nochmal wieder irgendwo in Europa.  

 

 

Bei nmeiner Rückkehr spüle ich mit unserer Außendusche den Sand von meinen nackten Füßen und schlüpfe in meine Crocs und dann essen wir den Feigenkuchen und hoffen, dass wir keine Bauchschmerzen bekommen.

 

 

Susi spricht beim Feifenkuchenessen aus, was auch ich schon die ganze Zeit denke...

- Wollen wir hier bidde bidde heute schlafen? Wir überlegen hin und her, ob das geht, ob das Wasser kommt. Oder die Gendarmerie. Beides wäre Mist. Wir sind unsicher. 

- Ich frag´ Isolde, sage ich und gehe rüber. Nein, sagt sie, sie schlafen nicht am Strand, sondern fahren nachher zum Campingplatz, wissen aber, dass das Wasser zwar von hinten kommen könne,  dass man es aber lange vorher ankommen sehen könnte. Und sie denkt, dass es in der Nacht trocken bleibt und sie weiß, dass Leute hier übernachtet haben. Das klingt gut genug dafür, dass Susi und ich Tatti halb überredet bekommen. 

 

 

Als die Polizei schließlich Streife fährt und Niemanden wegschickt, ist für uns klar, dass wir es wagen und heute Nacht hier bleiben. Und so werden wir drei heute Nacht schlafende Strandkrabben sein.

 

 

Und weil die restlichen Feigen im Karton schon feuchte Flecken machen, gibt es abends mit Käse überbackene Feigen und ofenfrische Brötchen dazu. Und im Fernsehen schießen die DFB-Frauen vier Tore gegen Island. Läuft bei uns! 

 

 

Die Sonne geht golden unter und das leise Rauschen des Meeres lullt uns nach einer Tüte Tortilla Chips mit Dip und einem Strandgespräch in den Schlaf. 

 

 

Während rechts von uns die Sonne untergegangen ist, hat sich der Mond von links angeschlichen.

 

In der Nacht ist es still und wir schlafen tief und fest. Und wir bekommen nicht mit, dass Pferde vorbeischauen, deren Hufabdrücke ich am nächsten Morgen entdecken werde.

 

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