Tag 15 Arles

 

Morgens um halb acht werde ich langsam wach. Ich schiebe im Bett liegend das Rollo hoch und erkenne die anderen Wohnmobile nur schemenhaft in dichtem Nebel. 

 

Es ist sehr gemütlich im eigenen Bett auf dem Strand, versteckt im Nebel. Ich will diesen Moment spüren. Und zwar da draußen auf dem Strand! Will noch näher am Meer sein! Und zwar sofort! Ich ziehe mir zügig was über, öffne leise die Schiebetür und nehme meinen Kaffeebecher mit raus. 

 

 

In den anderen Wohnmobilen auf dem Strand regt sich noch nichts. Nirgends. Alles schlummert noch. Auch Tatti und Susi. Und Hannes hat mich beim Rausgehen nur einmal kurz angesehen. Er hat nicht mal seinen Kopf gehoben. 

 

 

Der Nebel macht meinen Strandmorgen mystisch. Ich trinke meinen Kaffee und stelle meinen leeren Becher schließlich auf einem Pfosten ab und gehe umher. Ich entdecke erst hunderte kleiner weißer Fliegen, die die Seitenwände der Wohnmobile belagern. Und dann sehe ich Hufspuren im Sand und mein Herz schlägt höher! Ich folge den Spuren, die an unseren Wohnmobilen entlangführen und hinter Susis Bulli rechts abbiegen Richtung Wiesen und Seen. 

 

 

Sie enden am Ufer eines Salzsees. Die Pferde sind an dieser Stelle offensichtlich im Wasser weiter gezogen. Ich bleibe am Ufer stehen und lausche in die Stille. Sie scheinen längst weg zu sein. Schade, aber trotzdem aufregend, die Stille, der See und die Spuren im Sand!  

 

 

Etang des Vaccares 

 

Wir starten gegen zehn und fahren am Ostufer des größten Sees der Camargue, dem Etang des Vaccares, entlang Richtung Arles. Hier im Herzen der Camargue gibt es riesige Vogelschwärme auf dem Wasser, auch sehr viele rosa Flamingos. Das ist ein traumhaft schöner Anblick! Immer wieder wende ich meinen Blick aber auch nach rechts und suche die Umgebung nach Pferden ab.  

 

 

Dann entdecke ich sie, versteckt hinter Gräsern! Im Schutz einiger Büsche und Gräser stehen drei Schimmel und ein braunes Pferd. Es ist so faszinierend, dass die Besitzer sie hier einfach überall ohne Zäune herumlaufen lassen! Ich frage mich echt, wie das funktioniert. Mit all den Autos. Und überhaupt, wieso laufen sie nicht weg?  

 

Ein Stück weiter parkt ein für die Camargue ebenfalls typischer Tourenwagen am Weg. Und es sieht ziemlich lustig aus, wie die Oberkörper oben aus dem Dach herausschauen. 

 

 

Auch wir stoppen an einem Haltepunkt und genießen den Zauber der Natur mit all den rosafarbenen Flamingos. Es ist ein bisschen wie im Märchen mit Vögeln, die aussehen wie gemalt und weißen Pferden, die genauso gut Einhörner sein könnten.

 

Und lustigen menschlichen Oberkörpern, die aus einem Autodach kommen wie so ein Kasper aus einer Klappkiste mit Sprungfeder. 

 

 

Am Ende fahren wir durch hohes Schilfgras heraus aus dem Naturschutzgebiet. Wir überqueren die Rhône dieses Mal per Brücke und wollen nun nach Arles auf einen Campingplatz.  

 

 

Der Citycamping Arles liegt ideal. Es ist ein typischer Stadtcamping und unser Leben wird wieder deutlich lauter und lebhafter. Jede kleinste Ecke des Platzes wird genutzt. Am Eingang wird man ruck zuck eingecheckt, für meinen Geschmack ein bisschen zu forsch.

 

Der Platz liegt im Grünen und die Parzellen sind nicht gerade groß, aber ausreichend. Beim Eingang ist ein Restaurant und ein Schwimmbad und da werden wir nachher auch die Waschmaschinen suchen. 

 

 

Arles

 

Aber erstmal wollen wir in die Stadt. Wir gehen 1.5 Kilometer an einer viel befahrenen Straße entlang zur Innenstadt. Wir nähern uns von Osten und gehen zuerst rechts eine ansteigende Gasse hoch zur Arena von Arles. 

 

 

Die Arena oder auch das Amphitheater sind mehrgeschossig und sehr gut erhalten. Um die Arena herum befindet sich eine bunte Mischung aus kleinen Geschäften, Bars und Cafés. 

 

 

Wir umrunden die Arena und schauen von einer Aussichtsterrasse über die Dächer. 

 

 

Arles Gassen sind leer und das Wetter ist schön. Die alte französische Stadt ist voller hübscher Häuser und französischem Lebensgefühl. Bunte Farben, verschnörkelte Balkone, Caféterrassen unter niedlichen Markisen, kleine Tische, Sonnenschirme und rankende Grünpflanzen begleiten unseren sonnigen Septembervormittag. 

 

 

Wir stöbern im Souvenirladen und entdecken rosa Plüschflamingos an runden Ständern und Bilder mit weißen Camarguepferden und schwarzen Stieren. Ein Stück weiter liegen lilafarbene Lavendelseifen und kleine lila Sträußchen. Vor einem anderen Geschäft werden große weiße tortenähnliche Nougatstücke angeboten. 

 

Auch Vincent van Gogh ist allgegenwärtig. Seine farbenfrohen Gemälde mit den charakteristischen Pinselstrichen werden auf Karten, Tassen, Taschen und T-Shirts feilgeboten. Der niederländische Maler liebte das provenzalische Licht und verbrachte eine

intensive Schaffenszeit in Arles.  

 

 

Wir gehen durch die Rue de la Calade und Rue des Arènes quer durch die Innenstadt hinunter zum gelben Café van Gogh am Place du Forum. 

 

 

Das gelbe Café ist leer und dunkel und nur die Farbe und der Balkon erinnern an van Goghs bekanntes Gemälde Café le soir. Auf dem Platz steht eine Statue eines Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers in stolzer Pose. Aber es ist nicht Vincent van Gogh. Ist ja auch irgendwie fies, dass er ein so bekanntes Gemälde von diesem Platz erschaffen hat, das ihm heute mehrere hundert Millionen Euro einbringen würde, und die stellen hier einen anderen Typen hin. Und Vincent war arm und in der Psychiatrie und schnitt sich ein Ohr ab. 

 

Zu meiner Beruhigung gibt es allerdings sowohl in Holland als auch in Frankreich mehrere Statuten von Vincent van Gogh. Und in Arles gibt es Gedenktafeln, thematische Stadtführungen und kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen zu seinen Ehren. Also alles gut. 

 

 

Als Nächstes gehen wir zum Place de la République, der mich beim letzten Besuch total geflasht hatte. Wir erleben den Platz als ganz nett, aber nicht so besonders wie beim letzten Mal. Und Tage und Momente und Empfindungen können so unterschiedlich sein!

 

 

- Echt schade, dass heute kein Markt ist! Letztes Mal haben wir uns doch mit diesen leckeren Brötchendingern in den Park gesetzt! Weißt du das noch, Tatti? frage ich. 

Sie nickt.  

 

 

Auf dem Weg zum Platz, wo beim letzten Mal der Markt war, hoffe ich auf ein Wunder, das aber nicht passiert. Kein einziger Marktstand, kein Croissant, keine anderen verlockenden Leckereien. Nichts.  Ich habe Hunger. 

- Komm, wir suchen einen Bäcker, sage ich.

- Ne, wir müssen auch noch Wäsche waschen, sagt Tatti. Ich gebe auf und wir gehen zurück zum Campingplatz. 

 

 

Auf dem Platz kommt gerade ein Jugendgruppe an und bezieht mit ihren Taschen und Koffern kleine Hütten. 

 

 

Ich vertiefe mich in die Gestaltung meiner heutigen Reistagebuchseite. Später waschen wir unsere T-Shirts und Socken und hängen die Wäsche beim Wohnmobil auf. Wir chillen und Tatti und ich spazieren noch eine Runde über den Campingplatz, während die Wäsche so spät am Nachmittag draußen nicht richtig trocken werden will. 

 

 

Die klamme Wäsche nehmen wir mit rein und verteilen sie auf Sitzen und an Haken und gespannten Leinen im Wohnmobil, bevor wir schlafen gehen. 

 

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