Beim ersten morgendlichen Plausch vor den Wohnmobilen beschließen wir, dass wir zur knapp 50 Minuten nördlich von Arles gelegenen Pont du Gard und anschließend Richtung Ardèche fahren wollen. Wir wollen Susi das monströse römische Bauwerk zeigen und haben auch schon wieder Lust auf ganz viel Natur.
Wir fahren aus Arles heraus und am Ostufer der Rhône gen Norden. Die Fahrt ist abwechslungseich. Im Ort Tarasco taucht eine mittelalterliche Burg rechts neben mir auf.
Ich recherchiere schnell im Handy. Aha, es ist die Burg Tarascon. Sie gilt sie als eine der schönsten mittelalterlichen Burgen Frankreichs und liegt idyllisch am Ufer der Rhône. Hier am Ufer der Rhône soll der Drache Tarasque die Reisenden verschlungen haben. Huch! Und in der Burg fanden Hinrichtungen statt. Gruselig! Weiter geht´s auch schon.
Wir überqueren die Rhône und sind im Ort Beaucaire. Vor uns steht eine Stierstatue und dahinter liegt ein kleiner Hafen am Rhône-Sète-Kanal. Wir fahren zwischen Booten und unordentlichen Marktständen am Kanal entlang.
Wir biegen am Ende des Hafenbeckens rechts ab und fahren erst an der Rhône und dann am Fluss Gardon entlang zum Besucherparkplatz der Pont du Gard, der sich am linken Ufer des Gardon befindet. Der große Parkplatz ist so gut wie leer.
Wir parken und warten auf Susi, aber sie kommt einfach nicht. Wo bleibt sie nur? Dasselbe fragt Susi sich auch gerade. Sie steht nämlich auf dem anderen Parkplatz am gegenüberliegenden, am sogenannten rechten Ufer des Flusses Gardon. Nach fünf Minuten und zwei Textnachrichten merken wir es.
Wir können uns in der Mitte auf dem Aquäduct treffen, schreibe ich. Ne, das will sie nicht. Sie kommt lieber die sechs Kilometer mit ihrem Bulli zu uns. Auch gut. Dann können wir ja schonmal Frühstück vorbereiten. Ich setze Wasser auf und hole Teller, Messer, Brot und Käse raus, während wir auf Susi warten.
Wir essen was und gehen dann zum Aquäduct. Der Blick auf das riesige Bauwerk mit seinem drei Bogenreigen ist wieder imposant! Wie schön, dass wir nochmal hier sind!
Die Pont du Gard ist echt beeindruckend! Es ist genialer Teil einer 50 Kilometer langen Wasserversorgung der Stadt Nîmes. Die Pont du Gard ist die einzige dreistöckige antike Brücke, die es noch gibt auf der Welt.
Während Susi sich alles in Ruhe ansieht und Fotos macht, hänge ich auf der Brückenmauer ab und lasse den besonderen Ort auf dem Rücken liegend auf mich wirken.
Dann gehen wir auf der untersten Etage über die Brücke zum anderen Ufer und schauen den Fluss Gardes in beide Richtungen hinunter beziehungsweise hinauf. Auf der Brücke albern wir herum wie Teenager auf Klassenfahrt. Herrlich!
Die merkwürdige Stimmung aus Arles haben wir zum Glück da zurückgelassen.
Wir gehen beeindruckt zurück zum Parkplatz und zahlen neun Euro pro Fahrzeug für das Parken. Der Zugang zur Brücke war frei. Nur die Ausstellungen und Führungen ins Innere der Brücke kosten Eintritt.
Da wir am Glücklichsten sind, wenn wir uns draußen frei bewegen können, verzichten wir auf die Ausstellungsräume am anderen Ufer und zischen ab Richtung Ardèche.
Wir fahren durch den Ort Bagnols sur Cèze zu den Cascades du Saudatet, einer Stelle, an der das Wasser des Flusses Cèze in vielen kleinen hintereinander liegenden Wasserfällen über die Felsen strömt.
Die Straße dorthin ist schmal und es gibt keine Parkmöglichkeit. Wir müssten auf den Wohnmobilstellplatz parken, um die Stromschnellen ansehen zu können, wollen hier aber nicht übernachten und finden den Stellplatz nur zum Parken zu teuer.
Wir verzichten deswegen darauf und ziehen neun Kilometer weiter und landen in Goudarges auf dem Wohnmobilstellplatz.
Goudargues
In Goudarges ist ein lauschig unter Bäumen gelegener Aire Camping-Car Park. Weiter zur Ardèche können wir auch morgen noch fahren. Wir bleiben hier! Hinter dem Platz fließt der Fluss Cèze. Beim Einparken zwischen zwei Bäumen kommt eine Holländerin zu uns und sagt, dass wir die Zufahrt zu weiteren hinten liegenden Parzellen versperren. Da aber steht das Gras so hoch, dass da ganz sicher schon lange Niemand mehr geparkt hat, aber egal. Danke für den Hinweis, wir fahren einfach weiter ins Gebüsch und die Frau gibt Frieden.
Außer uns stehen auf dem Platz noch fünf niederländische Wohnmobile. Damit sind allein reisende Frauen unterwegs. Sie sitzen zusammen mit Landkarten vor sich und wirken wie eine eingeschworene Gemeinschaft.
Ich setze mich zu Tatti, bemale Steine und träume vor mich hin.
Als wir uns lange genug ausgeruht haben, gehen wir am Flussufer entlang in den charmanten Dorfkern. Im Fluss Cèze kann man paddeln oder auch baden. Beim Wohnmobilstellplatz ist eine Flussbadestelle.
Wir können von unserem Fußweg am Flussufer aus in idyllische zugewachsene Gärten schauen.
Wir sind gespannt auf den kleinen Dorfkern, vielleicht das ein oder andere Geschäft und eine Snackbar oder so etwas. Und mitten im Dorf ist ein Kanal. Das hatte ich auf der Anfahrt zum Stellplatz schon gesehen.
Und dann stehen wir mitten in Goudarges am Kanal. Und hier sieht es ungelogen aus wie gemalt!
Verzierte kleine Bogenbrücken und Straßencafés und Platanen zu beiden Seiten des kleinen Kanals verleihen diesem Ort eine Art Zauber. Die Sonne macht aus dem Fluss und dem Blätterdach der Platanen einen goldenem Schimmer mit zarten Grüntönen!
Ich habe so ein grün-goldenes Licht noch nie gesehen.
In den Läden gibt es den hübschen Anblick auch als Gemälde in verschiedenen Variationen. Ich entscheide mich für ein Magnet.
Wir setzen uns auf eine Bank am Kanal und fühlen uns sehr wohl inmitten grün bewachsener Fassaden, hellblauer Fensterläden und einer Wasseroberfläche mit Sonnenflecken!
Ein kleines Stück weiter soll eine sehr gut bewertete Crêperie sein. Wir sind uns schnell einig, dass ein Crêpe sein muss, passt perfekt hierher!
Aber wir finden das Restaurant nicht. Wo es sein soll, ist nur ein Kanal mit einem Grünstreifen. Hm, merkwürdig. Und das Gebäude sieht aus wie eine Schule, aber nicht wie ein Restaurant.
Als wir genauer hinsehen, entdecken wir die Crêperie und bei ihrem Anblick geht unser Herz auf! Dort steht ein uralter braun-gelber Transporter, der zum Foodtruck umgebaut wurde.
Wir nähern uns. Aus dem süßen Foodtruck heraus duftet es herrlich! Darin steht eine junge Frau, die Crêpes zubereitet. Ein Junge, vermutlich ihr Sohn, sitzt bei ihr.
Sie hat ihre Crêpere La Crêpe rit genannt, was fast genauso klingt wie Crêperie, aber übersetzt Der Crêpe lacht bedeutet.
Oh, mein Gott, wie süß das ist!
Und selbstverständlich wollen wir natürlich diese junge Mutter mit ihrem kleinen Unternehmen auf Rädern sehr gerne supporten. Die angebotenen Crêpes klingen allesamt sehr verlockend.
Crêpes sucrées (süße Crêpes) und Galettes au sarrasin (Buchweizencrêpes) - was nehme ich nur? Ich kann mich kaum zwischen Honig-Sesam- und Maronencrêpes oder Banane-Nutella-Mandelblättchen-Kokos und Chèvre-Miel (Schafskäse, Honig, Basilikum)-Crêpe entscheiden. Oder doch lieber eine der anderen Käse- oder Schinkenvariationen? Oder nehme ich den vegetarischen Crêpe mit Spinat? Oder doch den norwegischen Crèpe La Norvégienne mit Lachs, Spinat und Mozarella und ... ciboulette. Was ist das? Ahh, Schnittlauch.
Wir entscheiden uns alle drei für La Salidou , einen Crêpe mit Salidou (bretonische Caramelcreme mit salziger Butter) für 3,50 €. Ja, genau, Interlaken, falls ihr das hier lest, drei Euro fünfzig! So empfängt man Besucher!
Tatti und ich setzen uns auf den Rand eines Brunnens und genießen den sehr leckeren Crêpe Salidou. Ich werde nie wieder einen Crêpe auf dem Weihnachtsmarkt in Lüneburg essen können ohne diesen Moment hier zu vermissen.
Nach dem Essen verweilen wir noch an einem restaurierten Waschplatz. Hier trafen sich die Frauen zum Waschen und für soziale Kontakte. Es gab ja noch kein fließendes Wasser und man holte sich Wasser aus der Cèze in das Becken. Am Rand sitzt eine Froschfigur, das Wahrzeichen des Ortes. Es gab in den Feuchtgebieten um Goudargues herum schon immer viele Frösche und man hörte sie Quaken. Goudarges wurde auch das Dorf der Frösche genannt. Heute symbolisiert der Frosch die Naturverbundenheit der Dorfbewohner.
Wir gehen am Fluss entlang zurück und schlafen ruhig und erholsam am Rande des charmanten Dorfes in der schönen Region Gard am smaragdgrünen Fluss Cèze. Und morgen wollen wir weiter zur Ardèche.