Morgens herrscht eine friedliche Ruhe hier bei um Fluss unter den Bäumen. Die Sonne dringt durch das Blätterdach.
Dann wird es kurz lauter. Die niederländischen Frauen machen sich abfahrbereit. Die Fahrertüren stehen auf. Alle steigen ein. Motoren werden gestartet und unterbrechen für ein paar Minuten die Stille. Dann sind sie weg und wir haben unseren Morgen wieder. Wir sitzen schweigend mit unserem Kaffee auf dem feuchten Gras und werden langsam wach.
Anschließend starten auch wir und fahren Richtung Ardèche. Goudargues war echt schön! Au revoir du weiteres schönes französisches Puzzlestück unserer Reise!
Von Goudarges zur Ardèche sind es 26 Kilometer. Nach einer halben Stunde stehen wir an einer extrem schmalen Brücke bei Saint-Martin-d'Ardèche. Die Durchfahrt wirkt so schmal, dass wir erstmal halten und ein Weilchen auf die Schilder mit der zugelassenen Breite starren.
2,70 Meter.
Okay, mit ausgeklappten Spiegeln ist unser Wohnmobil 2,50 m breit.
Müsste also passen.
Langsam schieben wir uns zwischen den hohen eckigen Pfeilern hindurch. Die Steine sind zum Greifen nah. Für Susi sieht es von hinten so aus, als würde es nicht passen. Aber es passt.
Am anderen Ufer der Ardèche angelangt, biegen wir links ab und befinden uns nun auf der schönen Uferstraße, die uns durch das Naturschutzgebiet Réserve Naturelle Nationale des Gorges de l´Ardèche bringen soll. Schon vom ersten Haltepunkt, dem Belvédère du Ranc Pointu, blicken wir tief hinunter in die spektakuläre Schlucht und auf die umliegenden Täler und bewaldeten Hügel.
Die Gorges de l´Ardèche erstrecken sich 30 Kilomter lang von Saint-Martin d´Ardèche bis nach Vallon-Pont-d´Arc, wohin wir unterwegs sind. Echt toll hier!
Beim nächsten Aussichtspunkt, dem Le Grand Belvédère, halten wir schon wieder. Wir können uns nicht sattsehen an der uns umgebenden Natur! Und was es noch schöner macht, ist, dass das Parken an den beliebten Aussichtspunkten jetzt spät im September überhaupt kein Problem darstellt. Und dazu ist das Wetter auch wieder auf unserer Seite. So soll es sein!
Auch beim Belvédère de Templier stopppen wir und gehen ein paar Stufen hinunter zum Rand der Schlucht. Es ist verrückt, aber ich dachte irgendwie immer, dass sich die Ardèche nur durch ein paar sanfte Hügel schlängelt. Und nun staune ich über tief abfallende Felsen und bis zu dreihundert Meter tiefe Schluchten! Krass! Wenn ich unterwegs bin, werde ich immer wieder daran erinnert, wie wenig ich eigentlich weiß und von der Welt kenne. Wer bin ich schon? Ein kleiner Zwerg.
Die Ardèche verläuft hier am Belvédère de Templier besonders malerisch in einer Schleife durch die Schlucht. Ich stehe am Abgrund und lasse es wirken und sehe mich vor meinem inneren Auge da unten im Kayak am steinigen Ufer ankommen, das Haar zerzaust und dann baue ich mein Zelt auf. Das stelle ich mir so romantisch vor, aber ich bin inzwischen zu verwöhnt dafür. Glaube ich. Hm. Ich überlege nochmal.
Bei der Grotte de la Madeleine stoppen wir. Es soll eine Tropfsteinhöhle mit riesigen Säälen, die mit Licht in Szene gesetzt werden, sein. Hunde sind nicht erlaubt. Susi bietet an, mit Hannes auf dem Parkplatz im Schatten zu bleiben. Der Parkplatz ist inmitten dichtem und hohem Grün ganz ohne Aussicht, die Luft steht und die Sonne brennt auf Kopf und Schultern.
- Ne, Susi, sage ich. Wir müssen da nicht zwingend rein.
- Doch, geht! Echt. Ich höre Musik!
Wir erkundigen uns im Verkaufsraum, ob wir kurz in die Grotte schauen dürfen. Das geht aber leider nicht. Wir müssten warten und uns in einer halben Stunde einer längeren Führung anschließen. Dazu haben wir überhaupt keine Lust und gehen deshalb zurück zu Susi und fahren weiter auf der D290 an der Ardèche entlang Richtung Nordwesten.
Von der Straße aus können wir immer wieder hinunter in die Schlucht schauen.
Und da kommt auch schon der nächste Aussichtspunkt, der Belvédère du Cros de l´Olivier. Auch hier können wir nicht anders: Wir müssen einfach stoppen, gucken und staunen. Und es ist so schön leer an diesem Vormittag Ende September.
Im Sommer soll es hier brechend voll sein. Die Einwohner von Vallon-Pont-d´Arc sagen scherzhaft, dass im Sommer so viele Paddler hier sind, dass sie das Wasser der Ardèche verdrängen. Holla, die Waldfee!
Und nun nähern wir uns auch schon der Pont d´Arc, einem bekannten und spektakulärem Felsbogen, der das Lieblingsmotiv der meisten Ardèche-Besucher ist.
Wir parken auf dem Parkplatz P3 Belvédère du Pont d´Arc, der speziell für Wohnmobile ist, und gehen ein Stück bergab zum Fluss hinunter und versuchen am Fluss entlang um eine Flussbiegung zu gelangen, da sich die Pont d´Arc hinter der Kurve befindet. Wir kommen aber nicht weit, denn undurchdringliches Gestrüpp versperrt den Weg.
Wir hätten vom Parkplatz aus direkt hoch zur Straße und oben ein Stück weiter gehen sollen. Dazu haben wir jetzt keine Lust mehr. Also steigen wir in die Wohnmobile und wollen es beim nächsten Parkplatz versuchen.
Von der Straße aus sehen wir ihn dann, den sagenumwobenen Pont d´Arc. Das sieht schon nett aus, aber nicht so extrem spektakulär, finde ich. Er ist halt berühmt. Wir hätten übrigens nur superwenige Schritte an der Straße entlang gehen müssen von unserem Wohnmobil-Parkplatz aus.
Ein riesiger Drache, der in der Schlucht gelebt und die Gegend terrorisiert haben soll, soll sich den Bogen als Thron gebaut haben. Jener Drache soll übrigens Wanderer und Fischer verschlungen haben.
Hinter einer Kurve liegt ein großer Besucherparkplatz und alles wirkt auf uns so touristisch, dass wir darauf verzichten, nochmal auszusteigen und lieber Gas geben. Dann sehe ich auch, dass der Parkplatz eine Höhenbegrenzung hat (1,90 m). Ok, dann hat sich das jetzt eh erledigt. Ist auch egal. Wir haben ihn ja von der Straße aus gesehen.
Für heute reicht es und wir suchen einen Schlafplatz. Der erste Versuch, der Wohnmobilstellplatz am Rande des Ortes Vallon Pont d´Arc, ist nur ein schnöder Parkplatz zwischen zwei Hauptstraßen und Parkhaus. Ohne Schatten, ohne irgendetwas Nettes.
Wohnmobilstellplatz Camping-Car Park Ruoms
Im zwölf Kilometer entfernten Örtchen Ruoms finden wir eine kleine lauschige Idylle direkt an der Ardèche, den Camping-Car Park Camping de Mon Village. Auch das mit der Schranke funktioniert dieses Mal einwandfrei. Inzwischen sind wir ja auch gut ausgestattet mit zwei funktionierenden und mit Guthaben aufgeladenen Zugangskarten. Wenn man erstmal alles zusammen hat, ist es eine schnelle Nummer und man ist drauf.
Ich freue mich über den schönen Platz, wir richten uns eine kleine Chill-Area im Schatten der Bäume ein und wir genießen den schönen Urlaubsnachmitag.
Nach einiger Zeit gehen wir an der Ardèche spazieren. Plötzlich macht es laut Platsch! Huch! Tatti ist weg.
Sie ist mit ihren Adiletten auf dem nassen Felsen ausgerutscht und in die Ardèche gerutscht und guckt jetzt verwirrt aus dem Wasser zu uns hoch und ich kann nicht mehr vor Lachen!
Wir ziehen sie raus und sie prüft ihre Habseligkeiten: Handy da. Uhr ok. Brille da. Und Poloshirt und kurze Hose triefen. Ich muss so lachen! Sie hat sich zum Glück nicht weh getan. Wir wringen ihre Sachen am Leib aus und müssen immer wieder lachen.
- Wollen wir nicht zurück, frage ich.
- Nö, kühlt schön, sagt sie, und wir spazieren weiter am Ufer entlang. Das kommt davon, wenn man sich nicht die richtigen Schuhe anzieht.
Ein Stück weiter versuchen wir, Tatti im Steine-Ditschen zu schlagen, haben aber keine Chance. Sie hat echt den Dreh raus und kann so ihre Ehre retten.
Als wir zurück sind, zieht Tatti sich trockene Sachen an und wir gehen direkt weiter ins Dorf, das hinter dem Wohnmobilstellplatz liegt. Der Hunger treibt uns Richtung Restaurants.
Es gibt ein paar alte Gebäude und eine kleine touristische Straße. Es ist inzwischen 18 Uhr und im Dorfkern sind zwei Bistros mit Außentischen auf einer Art Dorfplatz. Es ist aber alles voll, so dass wir weiter gehen.
Man merkt, dass die Sommersaison vorbei ist, denn viele Läden sind geschlossen. Vor allem bei den Kanu-Verleihstationen ist nichts mehr los. Nur noch einige wenige Geschäfte haben auf und bieten ein paar Souvenirs, Taschen und Sonnenhüte oder regionale Köstlichkeiten an.
Ich kaufe Karamellcreme mit gesalzener Butter, Kastaniencreme und auch ein Stück weißes Mandel-Pistazien-Nougat, das aber viel zu süß und klebrig ist. Glatter Fehlkauf.
Ein geöffnetes Restaurant finden wir nicht und wir gehen zurück zum Platz und essen irgendwelche Dinge die wir zusammenwürfeln.
Gegen Abend lese ich etwas halbherzig in meinem Thriller, der von verschwundenen Wohnmobil-Urlaubern handelt, aber leider nicht gerade fesselnd ist.