Tag 8 Verdonschlucht, Entrecasteaux, Le Thoronet

 

Morgens um neun starten wir die kleine spektakuläre Route des Crêtes Pallud-sur-Verdon, eine 6,4 Kilomter lange Strecke, die in Pallud-sur-mer beginnt und auch wieder endet.

 

Kurz hinter unserem Campingplatz zweigt sie ab und es geht schon bald bergauf. Schon beim ersten Haltepunkt, dem Belvédère de la Dent d´Aire, wird uns schwindelig als wir an der Steinmauer stehen und uns früh am Morgen über den Abgrund beugen.

 

Die Schönheit des Ortes nimmt mir wieder den Atem, genauso wie bei meinem ersten Besuch. 

 

 

Wir sind gerade wach und der Anblick der Natur ist so spektakulär schön, dass der Moment mir - so müde wie ich noch bin - total surreal vorkommt. Wir sind fast ganz alleine hier und es ist so still wie es nur oben in den Bergen sein kann. Außer uns sind hier nur zwei junge Männer, die sich an ihrem geöffneten Kofferraum gerade zum Klettern bereit machen. 

 

 

Wir beobachten einen von ihnen, der oben an den Seilen über dem Abhang hängt und so lange auf seinen Kumpel wartet, dass wir irgendwann nicht mehr warten wollen bis sie starten. 

 

 

Kurz vorm Tunnel beim Belvédère de la gorge de Guégues stoppen wir nochmal, jetzt knapp unter den Wolken. Ein würdiger Ort für ein Selfie von uns Dreien, finden wir. So muss sich Urlaub anfühlen!

 

Diese Runde funktioniert nur im Uhrzeigersinn, denn hier oben ist ein Teilstück Einbahnstraße, weil es zu eng wäre, wenn ein Auto entgegenkäme. Und das ist auch gut so!

 

 

Die Straße verläuft so eng am Felsen und über dem Abgrund, dass man auf jeden Fall schwindelfrei sein sollte, wenn man hier entlang fährt! 

 

 

Wir sehen auch Camper, die hier oben in ihren Vans übernachtet haben. 

 

 

Die kleine Runde endet wieder in Pallud-sur-Verdon, wo wir bei der Pizzeria links abbiegen und wieder zurück Richtung Lac-de-Sainte-Croix und Pont-du-Galetas fahren.

 

 

Echt süß, dieses kleine verschlafene Pallud-sur-Verdun. Tschüss, vielleicht ja bis zum nächsten Mal! Glaube ich aber nicht, denn es gibt für uns noch unendlich viele andere Orte in Europa zu entdecken! 

 

Die kleine extraspektakuläre Runde war ein wunderschöner Abschluss für die Gorges du Verdon. Jetzt geht unsere Reise weiter gen Süden. 

  

 

Auf einer Tafel kurz vorm See am Rand der Verdonschlucht steht, dass man sich nicht in das Flussbett des Verdon oder auf die Inseln darin wagen sollte, da das Wasser aufgrund des Betriebs des Staudamms plötzlich ansteigen kann. Oh Gott, wie schrecklich! Wenn ich mir das vorstelle, dass du da ahnungslos stehst und plötzlich weggefegt wirst! 

 

 

Da sehen wir den See schon und gleich fahren wir da unten wieder über die Brücke nach links weg.

 

 

Wir fahren am südöstlichen Ufer des Lac de Sainte-Croix entlang und suchen mal wieder einen Bäcker. Der Magen grummelt, wird Zeit für ein leckeres Frühstück! 

 

 

Im Orapimarkt in Les-Salles-Sur-Verdon direkt an unserer Straße und am Ufer des Sees gibt es laut GoogleMaps Lebensmittel zu kaufen. Von außen sieht das Geschäft aus wie eine Tankstelle. Skeptisch trete ich ein und bin angenehm überrascht. Das Lädchen ist süß, hat  Sprossenfenster mit einer Reihe senkrecht stehender Baguettes und jeder Menge Wein und Regalen voller regionaler Produkte.

 

Ich beobachte einen Franzosen, der an einer Kühltheke eine Abdeckung hochklappt und eine Art weißen Käsetaler, der schon ein bisschen auseinander fällt, herausfischt. Sieht interessant aus. Das kaufe ich uns auch. Crottins Fond steht darauf. Bin gespannt. Jetzt noch Baguette und ab zum Auto. 

 

 

Crotins Fond entpuppt sich bei meiner Internetrecherche während der Weiterfahrt als Ziegenkäsetaler. Oh, da wird Susi gleich Würgereize bekommen.

 

 

Ein schnelles Frühstück auf einem Waldparkplatz tut gut und ich erspare Susi den kleinen nach Ziegen stinkenden Taler und lasse ihn im Kühlschrank. Wir besprechen, wohin es gehen soll und entscheiden uns für die Mittelmeerküste. Wir wollen zu den Calanques-Buchten und nach Marseille. Auf dem Weg dorthin wollen wir nacheinander einem Wasserfall, einem kleinen Dorf mit Schloss und einem Kloster einen kurzen Besuch abstatten. 

 

Der Wasserfall heißt Cascade de Sillans und sorgt für maximalen Frust bei uns. Wir finden keine Parkmöglichkeit für Wohnmobile! Nirgends! Wir fahren ratlos hin und her und entdecken nur Wohnmobil-Verbotsschilder, so dass wir wieder abzischen. 

 

 

Zwanzig Minuten später parken wir auf einem großen Parkplatz am Ortsrand von Entrecasteaux und fühlen uns willkommen, weil hier ausreichend Platz ist und es nichts kostet.

 

 

Entrecasteaux ist ein kleines Dorf an einem Hang im Département Var mit einem Schloss mit schönem Schlossgarten, alles klein, aber immerhin nach dem Vorbild Versailles vom Gärtner König Ludwigs XIV entworfen.

 

 

Wir spazieren um den nett angelegten Schlossgarten am Fuße des Dorfes und dann durch das alte Dorf dahinter. Es soll eines der schönsten Dörfer im Var sein. Wir finden es auch sehr nett, auch wenn es nicht so typisch lieblich ist wie wir es aus Frankreich kennen. Es ist rustikaler. Wir gehen durch enge Gassen und über schmale Treppen zum höchsten Punkt des Dorfes und schauen von dort hinunter zum Fluss La Bresque, der an der Rückseite des Dorfes entlang fließt.

 

 

Die Szenerie am Fluss ist durch ein altes Wasch- und ein Jagdhaus und eine mittelalterliche Steinbrücke idyllisch. Wir gehen hinunter zum Fluss, und am Fluss entlang und kommen unter einem kleinen Aquäduct hindurch und sind auch schon wieder zurück beim Parkplatz. 

 

 

Fünfzehn Kilometer weiter fahren wir auf den Parkplatz des Klosters Le Thoronet. Der Parkplatz ist groß und schön angelegt mit einem Bistro und Picknickplätzen, aber leider ist er so eng angelegt, dass wir notgedrungen auf dem Busparkplatz parken müssen. 

 

Es gießt inzwischen in Strömen und wir gehen mit Regenjacken und Regenschirm um die Pfützen herum zum Eingang des von Wald umgebenen Klosters. Hunde sind verboten, aber Susi erklärt sich netterweise bereit, mit Hannes draußen zu bleiben. 

 

 

Vom Eingang mit Souvenirshop gelangen wir auf einen kleinen Platz und dann direkt in die große Klosterkirche im Zentrum des Anwesens. 

 

 

In der Klosterkirche steht eine Besuchergruppe unter der Apsis. Eine Frau erklärt, dass die Kirche eine perfekte Akkustik habe, und beginnt plötzlich zu singen, laut und glockenhell. Wow, das klingt wirklich gut! Selbst am anderen Ende des großen Kirchenschiffes ist es, als singe die Frau direkt neben unseren Ohren! 

 

 

Die Klosteranlage ist schlicht und geometrisch. Es gibt kaum Verzierungen an den Gebäuden. Nichts sollte bei der inneren Einkehr ablenken. Ich will das nachspüren und zwinge mich zur Ruhe, verlangsame meine Schritte und atme ruhig ein und aus. Das funktioniert so auf die Schnelle natürlich nicht. Und bei mir schon gar nicht! Neugierig blicke ich um mich.

 

Vor mir schreitet Tatti selbstzufrieden mit ihren Händen auf dem Rücken über die alten Steine. Sie kann ziemlich gut an nichts denken. Auch auf die Schnelle. Wie macht sie das bloß? 

 

 

Rechts geht es in einen einfachen Raum mit Bänken aus Stein, dem sogenannten Palarium. Nur darin und in der Kirche durfte gesprochen werden. 

 

Ich gehe hinein, setze mich auf die oberste Bank, winke Tatti heran und verkünde feierlich

- Unser heutiges Thema ist..

Tatti lacht und setzt sich dazu und wir reden darüber, wie das Leben hier wohl gewesen sein muss. Und ob es wohl auch heimliche Liebesbeziehungen gab. Ich bin mir da - ehrlich gesagt - ziemlich sicher. So den ganzen Tag ungestört in der Sonne in der Abgeschiedenheit, dann der Wein dazu... Aber Tatti traut den Mönchen hingegen sehr wohl zu, dass sie echt nur gebetet, gegessen, gearbeitet und geschlafen haben. Hm, naja. 

 

 

Wir kommen zu einem Brunnen, der den Mönchen Wasser zum Waschen und zum Trinken lieferte. Der Boden des Brunnens ist bedeckt mit Geldmünzen. Okay, vorausgesetzt es stimmt, dass Brunnenwasser göttliche Wesen in sich trägt, wenn nicht hier, wo dann?

 

Vorsichthalber will ich also auch eine Münze werfen. Ich stehe am Rand und denke vorher über meine Bitten an die göttlichen Wesen nach. Glück natürlich, Gesundheit sowieso. Und Essen und Frieden für alle. Ok, das haben wir. Jetzt noch die Münze reinwerfen.

 

Ich stelle mein Handy auf, starte eine Videoaufnahme, gehe zum Rand des Brunnens zurück und als ich mein 50-Cent-Stück werfe, tritt Tatti zwischen mich und die Kamera. Na toll. 

 

Also nochmal. Ich habe nur noch ein 2-Euro-Stück. Egal. Als ich es werfe, crasht Tatti wieder den göttlichen Moment. 

- Wie lange dauert das denn noch? fragt sie nah am Handy. Ich schaue den Münzen im Wasser nochmal hinterher und nehme dann mein Handy und folge ihr schweigsam Richtung Treppe. Tschüss, göttliche Vielleicht-im-Wasser-Wesen!

 

 

Die Treppe führt auf das Dach des Klosters. Nach einer Runde auf der Dachterrasse mit Blick hinunter in den Innenhof gehen wir durch den ehemaligen Essraum, die Küche und den Wärmeraum, wovon aber nur noch die Mauern ohne Dach stehen. 

 

 

Zum Schluss gelangen wir in den ehemaligen Vorratsraum des Klosters. Es ist eher eine kleine Halle. Hier wurde Wein und Olivenöl aufbewahrt, was die wichtigsten Einnahmequellen des Klosters waren. Wir schauen uns eine hölzerne Ölpresse an und ziehen weiter.

 

Ich kann mir bildhaft vorstellen, wie anstrengend und gleichzeitig gut das Leben im Kloster, im Olivenhain und im Weinberg gewesen sein muss. Mit einem kleinen Affärchen selbstverständlich. Oh Gott, ich kann nicht anders als so zu denken. Mögen mir die wirklich keuschen Mönche vergeben!

 

 

Zum Abschluss gucken wir uns noch kurz den Olivenhain hinter dem Kloster an und wollen Susi dann aber nicht länger warten lassen. Vor der Tür übernimmt Tatti Hannes wieder. Susi möchte nicht ins Kloster und wir steigen wieder in die Autos und starten.  

 

 

Camping-Car Parc Le Val 

 

Zum Schlafen entscheiden wir uns wieder für einen Camping-Car Park. Der nächste ist in zwanzig Kilometern Entfernung, im Ort Le Val.  

 

Vor der Schranke des Camping-Car Parks Le Val kann Susi sich endlich eine Zugangskarte am Automaten ziehen und wir laden beide Karten großzügig mit Guthaben auf. Wir kommen dann ohne Probleme auf das Gelände. Schwupps, Schranke hoch, zack, nebeneinander einparken, fertig. Superpraktisch und superunkompliziert! So soll es sein!

 

Nach uns ankommende Camper stehen so wie wir gestern lange vor der verschlossenen Schranke, suchen hektisch im Handy, lesen die Instruktionen am Terminal und haben angespannte Gesichter. 

 

 

Wir spazieren an einem Sportplatz entlang zum kleinen Ortskern mit ein paar Geschäften, denn wir wollen zu einer Pizzeria.

- Ah, da ist sie, stelle ich fest. Sie sieht von außen unordentlich und schmuddelig aus. Ratlos stehen wir davor und schauen uns fragend an. Was meint ihr? Da was holen?

- Ich denke nicht, sagt Susi und zeigt auf den Eingang. Dort liegt ein junger Mann auf dem Boden. Neben ihm stehen weitere junge Männer.

- Oh Gott, entfährt es mir und ich starre ihn an.

- Drogen, sagen meine beiden Begleiterinnen wie aus einem Munde.

- Ach so! Ich dachte schon, der ist tot! kommentiere ich entsetzt. Uns ist die Lust auf Pizza vergangen. Und auch die Lust auf Le Val. Schnellen Schrittes gehen wir zurück zum Wohnmobilstellplatz. 

 

Wir kochen Spagetthi, essen und sind froh, dass es morgen hier wieder weg geht. Der Tag war trotz Le Val wieder megaschön mit der spektakulären Verdunschlucht und der glockenklar singenden Klosterfrau! 

 

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