Tag 12 Weingut von Ridley Scott und Ménerbes

 

Beim Verlassen des Platzes funktionieren unsere Karten wieder einwandfrei. 

 

Die Schranke gibt uns frei.

 

Wir versuchen mit den Vans zum Dorf Oppède hochzukommen. Das ist eine dumme Idee. Wir landen dreimal an der gleichen Stelle und kommen einfach nicht weiter. Oppède ist bestimmt auch viel zu eng und zu klein für die dicken Vans. 

 

Ich wollte eigentlich hinradeln, aber Susi und Tatti nicht. Ich hätte mich durchsetzen sollen. 

 

Als wir wieder ratlos an der gleichen Weggabelung stehen, vibriert mein Handy. Es ist Hans, unser Nachbar aus Deutschland.

 

Er hat gerade meinen WhatsApp-Status gesehen und fragt, ob wir schon beim Weingut von Ridley Scott waren. Ne, was ist das?

 

Ich recherchiere und sehe, dass es nur 500 Meter entfernt ist.

 

Planänderung? frage ich Tatti.

 

Ja, bitte! antwortet sie.

 

Und so rollen wir wenige Minuten später mit Susi hinter uns auf den Kiesplatz vor einem noblen Anwesen.

 

Wir sind die einzigen Besucher.

 

Hier ist kein einziges Schild und wir haben keine Ahnung, ob wir hier gerade die Privatsphäre einer reichen Familie stören.

 

Es fühlt sich so an. Unsere schweren grobstolligen Autoreifen bringen den Kies zum Knirschen und hinterlassen tiefe Furchen. 

 

 

Im Schatten eines Vordaches entdecken wir einen Verkaufsraum. Wir sind beim Weingut Mas de Infermières.

 

EIne junge Frau begrüßt uns freundlich.

 

Wir finden uns wieder zwischen Weinregalen und Requisiten aus Filmen von Ridley Scott, einem britischen Filmregisseur und Proudzenten.  Bekannte Filme wie Alien, der Marsianer, A good Year, Thelma and Louise, Bladerunner und House of Gucci sind von ihm. 

 

Er hatte eines Tages Lust auf ein Weingut und ein Haus in der Provence.

 

So einfach kann es sein.

 

Jetzt hat er eines.

 

Im Verkaufsraum sind Requisiten einiger seiner Filme ausgestellt. Und wieder ist der Vormittag völlig anders als erwartet.

 

Wir kaufen einen fruchtig frischen Weißwein, für den Ridley Scott selber das romantische Lavendel-Etikett mit Liebespaar entworfen hat. Hach, wie schön!

 

Ich frage mich die ganze Zeit, ob er erstens wohl hier hinter wohnt und zweitens gerade zuhause ist und drittens wie es wäre, wenn wir bei ihm klingeln könnten und er mit uns bei einem Glas Wein (egal, dass wir gerade aufgestanden sind) über seine Filme, seine Ideen und sein Talent für perfekte Bildkompositionen plaudern würden.

 

Aufregende Vorstellung! 

 

 

Anschließend streunen wir noch über das Gelände. Alles ist perfekt. Ein plätschernder Brunnen. Die Weite. Die Zypressen. Es ist schön.

 

Auf dem Gelände stehen Olivenbäume, Weinreben und Trüffeleichen.

 

Es wirkt. Das kann er.

 

Mas de Infermières soll so etwas wie ein Ort der Heilung sein. Fühlt sich auch so an. 

 

Cool. Was soll ich noch sagen?

 

 

Ich mache ein Foto von meinem epischen Wein, verstaue ihn dann dick eingepackt in der Kiste unter der Matratze und wir fahren zum nächsten besonders schönen Bergdorf, nach Ménerbes.

 

Das sind nicht mal 3 Kilometer.

 

5 Minuten später parken wir am Rand der ansteigenden Straße, die in den Ort führt.

 

Beim Hochgehen überlege ich, das wievielte Bergdorf es noch gleich ist.  

 

Ich weiß gar nicht mehr, aber ist ja auch egal.

 

 

Ménerbes erstreckt sich schmal, lang und uralt auf einem Bergkamm.

 

Es hat Läden, hübsche Restaurants mit lauschigen Terrassen und tolle Ausblicke zwischen den Häusern hindurch. 

 

 

An einem kleinen Platz - dem Place de l´Horloge - steht das Haus des Bürgermeisters, ein Uhrenturm und das Restaurant Maison de la Truffe et du Vin de la Luberon mit Weinhandel.

 

 

Im Vorraum des Restaurants ist ein Verkaufsraum mit regionalen Produkten.

 

Es gibt dort regionale Weine und Dinge wie Bier mit Apfel-Himbeer-Geschmack, Lavendel-Gin, Trüffelprodukte, regionales Öl, Essig, Aufstriche, Senf und Honig.

 

In den Etiketten der mutigen Kreationen spürt man die ambitionierten Haltungen und aufgeschlossenen Gesichter der kleinen Unternehmen aus der Umgebung.

 

Der Laden ist ein Paradies für Genießer besonderer regionaler Leckereien. 

 

Hinter dem Gebäude ist eine Restaurantterrasse wie aus dem Bilderbuch. Man sitzt zwischen Grün auf geschmackvollen Möbeln und kann ins Ménerbes-Tal schauen und Grillduft liegt in der Luft. 

 

Das Restaurant hat sehr gute Beurteilungen. Wir brauchen allerdings gerade nichts, weder Kaffee, noch Eis oder ein leckeres Trüffelgericht.

 

Aber das Restaurant merke ich mir. 

 

Beim Rathaus ist ein kleiner Aussichtspunkt und wir haben auch hier wieder von der Stadtmauer herunter einen wundervollen Blick auf die Landschaft des Luberon.

 

Schon allein für den Luberon-Rundumblick ist jedes einzelne der Bergdörfer zum Knutschen.

 

Und auch sonst. Ich verstehe immer mehr, dass der Luberon bei Frankreich-Kennern ganz oben auf der Liste steht.

 

Ich habe hier mit mehr Trubel, Touristen, Schildern und Verkaufsständen gerechnet. Ich dachte, dass es hier nervig sein würde.

 

Anstatt dessen steht die Zeit still. Und das ist gut.

 

Die wenigen Einheimischen an den Tischen schauen hoch und nicken freundlich. Fühlt sich an wie dazugehören.

 

Ich glaube wirklich, wer hier lebt, vermisst nichts, nicht mal das Meer. 

 

Wir schlendern weiter bis zum Ende des Dorfes.  

 

 Dort ist ein großer Platz mit einem eisernen verzierten Eisenkreuz und einer hohen, schlichten Kirche - der Église Saint Luc - und die Sonne blendet.

 

 

In Ménerbes wohnten berühmte Künstler wie Pablo Picasso und seine Muse, sowie besagter Schriftsteller Peter Mayle.

 

Peter Mayle hat übrigens mit seinem Buch Mein Jahr in der Provence den Startschuss gegeben, in die Provence zu strömen.

 

Er hat die Lage seines Hauses so beschrieben, dass es auffindbar wurde und dermaßen belagert, dass er flüchten musste, es verkaufte und erst vier Jahre später ein Haus in Lourmarin kaufte. (Du weißt schon...wo ich mit Sommerkleid und Strohhut verliebt an der Ecke stehen wollte.)

 

 

Wir schlendern zurück, bleiben stehen, genießen die alten Gassen und den Ausblick.

 

 

Für heute haben wir genug gesehen und wollen nun zur Ruhe kommen.

 

Wir fahren deshalb wieder hinunter und auf der D900 Richtung Osten, und suchen uns in der Nähe von Roussillon, das morgen dran ist, einen Schlafplatz. 

 

 

 

Ich gebe den Stellplatz Gîtes Saint Estève ins Navi ein und wir biegen nach 10 Minuten links von der Landstraße ab und fahren auf einer kleinen Straße einen Hügel hoch.

 

Oben sehen wir nur ein Wohnhaus und wissen nicht, wohin.

 

Ich rufe an und eine Frau kommt aus dem Haus, geht die Straße hoch und winkt uns hinter sich her. 

 

 

Wir dürfen auf einem kleinen Stück Land hinter ihrem Garten stehen und es kostet 20 Euro, was ganz schön viel ist, denn es gibt nicht mal eine Toilette.

 

Wir sagen, dass es nur eine Nacht sein soll und sie sagt, wir bleiben sowieso länger, so wie du meisten.

 

Das werden wir ja sehen.

 

Sie redet zwar viel, aber meint es sicher gut, überschüttet uns mit Tipps, was wir in der Umgebung alles machen sollen, und braucht sehr lange dafür.

 

Als sie weg ist, ist es wieder angenehm still und wir richten unser kleines Refugium mit Campingstühlen und Weitblick her.  

 

Wir jolen dafür den Tisch raus. und stellen die bequemen Stühle dazu.

 

Die neue Tischdecke aus Lourmarin kommt auf den Tisch, darauf Kaffee und Carrées aux Pommes (hauchdünne französische Apfelkuchen).

 

Die Krone auf dem Ganzen ist ein großer Mandelbaum, der uns Schatten spendet!

 

Fehlt nur noch die Geigenmusik.

 

Mein Buch bleibt unangetastet auf dem Tisch liegen, denn ich muss die ganze Zeit in die Gegend gucken und glücklich sein.

 

Und ab und zu Hannes anmeckern, damit er keine Mandeln vom Boden frisst. 

 

Und dann hat Susi die Idee, Steine anzumalen und zaubert Stifte dafür aus dem Bulli. Was für eine coole Überraschung! Zusammen kreativ sein unterm Mandelbaum! So muss es sein, das Leben unter der provenzalischen Sonne!

 

Sie hat sich von der Facebook-Gruppe Küstensteine dazu inspirieren lassen. Man malt Steine an und legt sie aus. Wer sie findet, postet sie in der Gruppe und kann sie entweder behalten oder wieder irgendwo anders auslegen. 

 

Oh, macht das Spaß! Ich gehe gleich bei Pinterest auf Ideenklau und bemale Steine, was das Zeug hält!

 

Und auch Tatti und Susi bemalen einen Stein, geben aber recht schnell wieder auf. Und wir lachen so viel dabei! Ich will, dass der Tag nie aufhört!

 

Den kleinen Engelstein platziere ich in der Astgabel des Mandelbaumes, werde ihn aber niemals bei Küstensteine.de entdecken. Bullilove bekommt Susi. Und den lustigen Vogel behalte ich vorerst selber. 

 

 

Abends drehen wir den Fernseher zur Schiebetür und es gibt Open Air Kino im Weinfeld, während die südfranzösiche Sonne hinter dem Provencehügel verschwindet.

 

Mit Norddeutschland-Krimi hinterm Insektengitter, Weißwein, hippem Nusslikör, Käse, Chips, Baguette und der dünnen Lindt Schokolade geht der tolle Tag toll zuende.

 

 

Wie schön kann das Leben bitte sein? Bonne nuit und schöne Träume!  

 

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